Wer gegen wen – das ist hier die Frage! Wenn etwa auf steigende Nahrungsmittelpreise gewettet wird, also diejenigen Menschen nach Gewinn streben, die ihr Geld anlegen, während diejenigen Menschen hungern, deren Geld nicht mehr reicht, sich zu ernähren, dann gewinnt der Stärkere gegen die Schwachen. Der Handel mit Rohstoffpapieren ist aber keine geheime Aktion dubioser Regime, es ist einfach Börsenrealität. Gelegentlich wird dies auch in der Presse erwähnt, nun gibt es eine Kampagne von Oxfam gegen diese perversen Umtriebe. Auch um Geld geht es, wenn Leistungen erbracht werden, die der Erwirtschaftung des persönlich notwendigen Lebensunterhaltes dienen, wenn es also nicht darum geht, überschüssiges Geld für sich „arbeiten“ zu lassen.
Der Interessenausgleich zwischen allen Marktteilnehmern ist natürlich grundsätzlich immens wichtig, es ist ein ständiges Ringen auf Grundlage von Regeln, Gesetzen und Übereinkünften, die alle letztlich, vereinfacht gesagt, der friedlichen Koexistenz dienen. Die Nichtanerkennung von Gewerkschaften und deren brutale Bekämpfung durch mächtige Arbeitgeber ist hierzulande Teil der Geschichte, durchaus aber auch gegenwärtige Realität, etwa in China. Immer geht es den Wohlmeinenden und Friedfertigen aller Zeiten im Kern aber darum, zu erreichen, den jeweils Anderen und seine Interessen zu respektieren, um so zu einem Ausgleich zu kommen, mit dem alle möglichst gut leben können. Das muß durchaus kein Kompromiß sein, bei dem man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt, sondern es kann auch eine wirkliche Lösung sein, die aber von allen Seiten einige zusätzliche Anstrengung verlangt. Letztlich spielt natürlich wieder das Geld seine Rolle, das im schlimmsten Fall der eine sich verdient hat und das der andere nicht zahlen will, weil er die Ware oder Dienstleistung möglichst umsonst oder doch wenigstens gemäß seiner eigenen Vorstellungen haben möchte.
Sibylle Lewitscharoff schreibt nun in der FAZ: „Was für eine Verachtung gegenüber der geistigen und künstlerischen Tätigkeit! Welche Ignoranz gegenüber der Vielzahl an Berufen, die sich darum herum gruppieren, ja, die das Gelingen, die Betreuung und Verbreitung der dabei entstehenden Produkte überhaupt gewährleisten!“ So ist es, es gibt viele Menschen, die mit den Produkten der geistigen und künstlerischen Arbeit ihr Geld verdienen, wobei die Künstler selbst oftmals nicht unbedingt angemessen entlohnt werden – auch das ist eine weiterhin zu führende Auseinandersetzung. Insgesamt aber, als die von Lewitscharoff angesprochene Gruppe, sollte man gegenüber der Geiz-und-Gier-Bewegung doch eine ausreichend starke Position haben, um der Macht des faktischen Klauens von Produkten geistiger und künstlerischer Arbeit etwas entgegenzusetzen. Nur mal zur Klarstellung: die von wankelmütigen Protestwählern in die Parlamente gehobenen Piraten sind weder koalitionsfähig noch haben sie einen direkten Einfluß auf die Gesetzgebung. Aber, und das ist das gefährliche Moment dabei, sie schüren, selbst wenn es nicht Absicht ist, wovon ich ausgehe, den Haß gegen das vermeintliche Establishment, bestehend aus Künstlern und „Verwertern“. Unkenntnis, Bildungslücken, Selbstüberhebung und jugendlich-männliche Emotionalität bilden so eine Melange, was sich ja nicht zuletzt zeigt in jener Aktion der Anons, die mit Gewalt in die persönliche Datenwelt von Unterzeichnern des Wir-sind-die-Urheber-Aufrufs eingedrungen sind, indem sie sensible Daten online gestellt haben. Das ist die schöne neue Welt, man tritt nicht mehr Türen ein und verschleppt Menschen, man hackt Daten und gibt diese preis. Ziel dieser Aktion ist es, Angst zu machen, Menschen davon abzuhalten, den Aufruf zu unterschreiben, um so die eigene Macht zu demonstrieren und zu verdeutlichen, wer der Stärkere ist. Dabei ist es dringend notwendig, miteinander zu reden, um die Positionen der „anderen Seite“ kennenzulernen, wie dies Frank Schirrmacher ganz richtig darstellt, anstatt sich zu bekämpfen. Ein Kampf der Medien-Kulturen sollte jedenfalls vermieden werden, denn dann gäbe es am Ende fast nur Verlierer, während die Gewinner in den Konzernzentralen sich die Hände rieben; je weniger kleinteilige, in sich funktionierende Märkte es gibt, desto profitabler wird deren globales Geschäft funktionieren, denn Geld ist ja trotzdem immer im Spiel, selbst wenn viele Einzelne keines haben, bekommen oder bezahlen wollen.