Wie ich gestern bereits sagte, werde ich heute mit der Überarbeitung meines Romans fortfahren. Ich habe sogar, nachdem ich mit Genuß und Gewinn Der Antichrist. Historischer Roman von Emilijan Stanew (Rütten und Loening, Berlin 1974 / Антихрист. 1970) gelesen habe, den von der Kritik hochgelobten Roman einer Bekannten zu lesen begonnen, ohne daß mich die Angst umtreibt, meinen eigenen Text scheiße zu finden. Ja, so deutlich muß man das sagen, denn die Gefahr ist an sich immer da. Ob es sich bei diesem Roman der mir bekannten Schriftstellerin um einen im besten Sinne historischen Roman handelt, ist Ansichtssache. Viele sind da vorsichtig, haben doch zehntausende von abgeschmackten Schmökern den Ruf des historischen Romans ruiniert, mal ganz abgesehen davon, daß es für diese Zeit in diesem Roman der Bekannten noch eine gewisse Weile Zeitzeugen geben wird. Also kein historischer Roman, man kann aufatmen, nur der Stoff ist eben bis zu sieben Jahrzehnte alt. Mein Roman hingegen ist ein historischer Roman, der Stoff ist dreißig Jahrzehnte alt, Zeitzeugen waren nicht mehr aufzutreiben, keine lebenden jedenfalls. Leben tun hingegen meine Protagonisten und viele sogenannte Nebenfiguren, manche sterben auch, denn das bleibt erstens nicht aus und kann zweitens nicht ignoriert werden. Abgesehen von den Zeitumständen geht es jedoch um das, was den Menschen seit je her umtreibt, Liebe, Haß, Gewinnsucht, Gier und so weiter. So ab Seite 100 des Typoskripts führt die Rachsucht eines gewissen H. dann auch zu allerlei Bewegung auf sein Ziel hin, denn es ist in seinem Leben zu diesem Zeitpunkt sein einziges. Die Zeitumstände spielen natürlich eine Rolle, der Kern aber liegt im Wesen der Protagonisten und den sich daraus ergebenden Verwicklungen. Warum erzähle ich das? Weil es mich ärgert, wenn diese scheelen Blicke kommen, wenn ich sage, mein Roman ist nicht in der Gegenwart angesiedelt, sondern außerhalb unserer Zeiten, wenn auch bereits in der urbanen Moderne, wie wir sie kennen. Ja, es ärgert mich, und manche scheuen nicht einmal davor zurück, ganz und gar pauschal zu urteilen, ich hasse historische Romane, obwohl sie meinen Text überhaupt (noch) nicht kennen! Doch jetzt den Ärger runtergeschluckt und frisch ans Werk!
Roman ist Roman, da kommt es nicht darauf an, ob er in der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft angesiedelt ist – allein die Qualität zählt!
Dieser Beitrag wurde unter NACHRICHTEN aus den PRENZLAUER BERGEN! veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.