Die handwerkliche Qualität deutschsprachiger Literatur schwankt über die Jahrzehnte und zweieinhalb Jahrhunderte ihres modernen Bestehens, hat Tief- und Höhepunkte, die im einzelnen zu benennen überflüssig ist. Es schwankt halt. Die guten Texte muss man mitunter aufwendig suchen, auch im Werk einzelner Schriftsteller:Innen, denn auch die haben Höhen und Tiefen und Mittellagen. Niemand jedoch setzt sich hin mit der Absicht, einen mäßigen Text zu verfassen, so jedenfalls noch immer meine Hoffnung, so sehr diese auch schwanken mag wie die Sache, siehe oben, selbst. Ich schließe mich also nun wieder mal, und das ist die Nachricht itself, denjenigen an, die es so gut wie nur irgend möglich machen wollen und sage: nach der Veröffentlichung zweier kleinerer Arbeiten hier und dort und parallel zu all den Anstrengungen, meinen bereits fertiggestellten Roman zu veröffentlichen, arbeite ich von nun an, nach langem Insichwinden und mannigfacher Sichtung all der mich berührenden Motive, an einem neuen Roman, Arbeitstitel „Amphitryon“. Die Frage des Wieso-denn-bloß? steht dabei natürlich im Raum, aber zum einen muss eben dieser Stoff, der bereits so etwa um das 8. oder 7. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung aktuell war (Zeugung des Herakles) und auch heute noch sowohl auf dem Theater (Kleist, Hacks …) als auch in der Literatur (Luigi Pirandellos Roman von 1926 mit dem Titel „Einer, keiner, hunderttausend / Uno, nessuno e centomila) eine Rolle spielt, wohl Menschliches und Allzumenschliches in besonderer Weise in sich vereinen; zum anderen ist der Stoff eben kein zentraler Mythos der Antike und eben deswegen weniger belastet und also freier zu gestalten in allen nur möglichen literarischen Formen und Genres. Dazu kommt für mich persönlich der Umstand, dass es der einzige mythologische Stoff ist, der mich zur Arbeit an demselben reizt, und dies vor allem deswegen, weil er weder bierernst noch komödiantisch-belanglos daherkommt, so wie dies ja auch schon der römische Dichter Plautus erkannte, der sein Stück Amphitruo folgerichtig eine Tragikomödie („tragicomedia“) nannte. Die andere Seite der Wieso-denn-bloß-Frage, warum an einem Stoff in einer Form arbeiten, der angesichts der Veröffentlichungspolitik der großen Verlage kaum das zu werden verspricht, was gemeinhin als Erfolg angesehen werden kann, ist allein damit zu beantworten, dass das freie künstlerische Schaffen nach eigenem Ermessen und Wollen in einer neoliberal-kapitalistischen Gesellschaft mit einem (sieht man nur genau genug hin) streng genormten Menschenbild per se eine Form des Widerstands bedeutet, auch wenn das manchem (eben darum) als Anmaßung und zu hoch gehängt erscheinen mag. Ergo: an die Arbeit!
Ach! Amphitryon, Alkmene, Doppelgänger, Zwillinge, Schlangen und all das Gemenschel schlechthin: eine Tragikomödie in progress
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Dass ein Gott, um bei einer Sterblichen landen zu können, als Sterblicher auftritt, um am Ende verzweifelt die Bestätigung einzufordern, im Liebesakt „besser“ als ein Sterblicher es hätte sein können gewesen zu sein, fand ich immer schon schreiend komisch und in all seinen Implikationen brutal grausam. Glück auf!
Danke!!
Was die Komik des Stückes betrifft, geht’s mir ebenso, allerdings ist die Bandbreite des Stoffes enorm – so hat Georg Kaiser sein Stück „Zweimal Amphitryon“ sehr pessimistisch angelegt, was aber auch kein Wunder ist, denn er schrieb es 1943 im Schweizer Exil. Ich werde jetzt erst einmal alles (wieder) sichten, mal sehen, wohin es mich verschlägt.