Im Rahmen der Möglichkeiten

Gestern hörte ich zufällig im Deutschlandfunk eine Sendung zum 25jährigen Bestehen des Erasmus-Programms. Es geht in diesem europäischen Programm ganz wesentlich um die Förderung von Ausstauschstudenten. Ebenfalls gestern las ich, daß der Fußballspieler Miroslav Klose noch mit zwanzig Jahren in der Bezirksliga, der siebten Liga, gespielt hat und daß heutigentags der Sprung von dort in die höchste Spielklasse unmöglich sei, weil ein Zwanzigjähriger viel zu viel verpaßt hätte, wenn er in diesem Alter noch nicht gefördert worden wäre. Nun ja, wenn man in einer Zeit groß geworden ist, in der Förderung Privatsache derer war, die es sich leisten konnten und wollten, dann sieht man mit einiger Neugierde auf diejenigen, die dieses System nun heutzutage durchlaufen. Auch im literarischen Bereich wird ja inzwischen heftig gefördert, vorbei die Zeiten, in denen älter werdende Männer in Frankfurt, München und Hamburg bestimmten, wer denn dazugehört und wer nicht. Heutzutage gibt es Literaten, die erfolgreich sind, obwohl sie nicht einmal trinkfest erscheinen. Die Zeiten haben sich also geändert, der Einzelne gerät in geregelte Zusammenhänge und muß sich beweisen, bevor er in neue Zusammenhänge gerät und sich wieder durchzusetzen hat. Interessant, wie gesagt, doch für mich wäre das nichts gewesen – allein dieses ständige Auftauchen auf Gruppenfotos durch die Jahre und Jahrzehnte erscheint mir gruselig. Außerdem wäre ich auch niemals für etwas ausgewählt worden, zu hibbelig, zu eigen, zu frech. Abgesehen davon habe ich das Erasmus-Programm immer für eine europäische Heiratsvermittlung für Studenten gehalten, was ja nicht das Schlechteste ist, mich aber nicht interessiert, und mir etwa ins Schreiben reinquatschen zu lassen, wäre mir nie eingefallen. So bin ich eben, doch zum Glück bin ich nicht der Einzige, dessen Leben nicht anhand von Gruppenfotos aufzufädeln ist, denn es gibt sie noch, die Eigensinnigen und Eigenbrötler, die ohne jede Absicht Unangepaßten – denn an was hätte man sich schon anpassen können, damals, frage ich.

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6 Antworten auf Im Rahmen der Möglichkeiten

  1. FrauWunder sagt:

    naja, das kann man so sehen aber ich gebe zu bedenken, dass man meiner meinung nach in gewisser weise immer erst durch eine schule, bildung, lehre, konvention hindurch muss eh man soweit ist,dies alles zu hinterfragen oder hinter sich zu lassen.

    hätte man uns nicht lesen und schreiben gelehrt könnten wir uns auch nicht so recht verständlich machen….jedenfalls nicht im netz. aber da wir es nun können, einigermaßen, können wir uns erlauben, worte zu variieren und zu kombinieren auch jenseits von erlerntem satzbau und grammatik regeln.

  2. Das stimmt natürlich, was Sie sagen, nichtsdestoweniger aber erscheint mir das Schul- und Hochschulsystem, so weit ich Einblick habe, heutzutage viel mehr ausgerichtet auf Förderung, so wie dies ja etwa in den skandinavischen Ländern schon länger die Regel ist. Das ist ja erstmal gut so. Ich betrachte das natürlich aus der Warte meiner Generation. Mein Eindruck ist der, daß „früher“ der Einzelne mehr Freiheiten hatte, oder hätte haben können, sein Ding zu machen, während heute die Bedingungen besser sind, bei allerdings eingeschränkter Freiheit. Der Druck, sich anzupassen, scheint jedenfalls größer zu werden. Ist aber natürlich letztlich nur ein persönlicher Eindruck.

  3. FrauWunder sagt:

    tja dazu kann ich nichts sagen, ich gehöre noch zur austerbenden spezies der magister….das bachelor- master-system ist mir fremd. aber ich hörte klagen darüber allerorten.

  4. Wir gehören also der selben „aussterbenden“ Spezies an! Die Klagen über das Bachelor-Master-System höre ich natürlich auch, insofern ist meine Bemerkung, die Bedingungen seien nun besser, vielleicht voreilig; da mag der Wunsch Vater des Gedankens gewesen sein. Es ist eben auch ein sehr komplexes Thema, das ich da so glossenartig angerissen habe. Ich jedenfalls bin mit den Freiheiten des Magister-Systems bestens zurecht gekommen, allerdings erst beim zweiten Anlauf, während andere daran gescheitert sind, die es im reglementierteren neuen System wahrscheinlich besser gehabt hätten.

  5. FrauWunder sagt:

    ..das find ich alles quatsch…ein studium braucht zeit, meinethalben auch 13 semester und länger. nein ich korrigiere, die geisteswissenschaft braucht zeit, es gibt keinen grund da durch zu hetzen…lesen, lesen, lesen ausland, feierfeste, kontakte in der mensa und auf treppenhauspartys knüpfen, sich treibenlassen, dann wieder die arschbacken zudammenkneifen, geld verdienen in bars und an anderen sinn stiftenden orten……..bei manch einem ist dann aus dem begleitjob nach dem magister auch der hauptjob gerworden, da es im heute sowieso keine ineffizienten geisteswissenschaftler mehr braucht. schon allein aus diesem grund ist die hetzjagd durchs studienleben vollkommen überflüssig, ja geradezu kontraproduktiv…

  6. Da gebe ich Ihnen absolut recht, denn ein Studium der Geisteswissenschaften ist ja keine Berufsausbildung, wie das bei den Medizinern, Juristen und Physikern der Fall ist, sondern dient der „Menschwerdung“. Leider haben Sie auch recht mit Ihrer Einschätzung, daß Geisteswissenschaftler immer mehr als ineffizient angesehen werden, so als ließe sich die Welt allein anhand harter Fakten gestalten.

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