Sommerschaftszeiten

Wie herrlich ist doch der Herbst, also die Jahreszeit, auf die ich mich den ganzen beschissenen Sommer freue. Nicht nur dieses Jahr, sondern jedes Jahr. Wenn ich das schon höre, Sommerzeit ist Lesezeit, ha! Weder fahre ich ausgerechnet im Sommer in Urlaub, denn da träfe man ja nur die, die auch im Urlaub sind, noch kann ich besser lesen, ganz gleich, ob es ein heißer Sommer ist oder einer mit Gewitter, Schwüle, Sturm und kalten Tagen. Von mir aus kann man den Sommer streichen, jedenfalls den deutschen. Immerhin habe ich durch das Wiederlesen herausragender Romane des frühen 20. Jahrhunderts ganz jahreszeitenunabhängig eine schöne Zeit, außerdem arbeite ich an eigenen Texten unterschiedlicher Couleur, ich arbeite mich bald ein in die „Winterreise“ von Franz Schubert und Wilhelm Müller, und so weiter und so weiter. Das muß auch in einer menschenfeindlichen Jahreszeit zu schaffen sein! Wenn man immer nur darauf wartet, daß die Bedingungen grandios sind, kann man sich auch gleich als Bürosklave verdingen. Einen Vorteil hat dieser Sommer allerdings, denn es reichen wenige sonnenreiche Tage, meine Wohnung ganz kostenlos auf beständige 24° Grad zu bringen. Da kann es tagelang bei 16° Grad regnen, da kann ich stundenlang lüften, hier drinnen ist es mollig warm, ja es ist sogar die genau richtige Temperatur, um gut arbeiten zu können. Ob das allerdings reicht, mich mit dieser Jahreszeit zu versöhnen? Eher nicht.

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