In einem Essay fließen, schweben, vagabundieren und befruchten sich die Ideen und Gedanken eines Autors, und zwar in einem Maße, das für den Leser, der zu folgen versucht, nicht recht faßbar ist. Immerhin aber fließt er oder sie ein wenig mit, kommt ins Schweben, vagabundiert herum und läßt sich befruchten, um am Ende glücklich eingestehen zu müssen, nicht genau begriffen zu haben, um was es eigentlich geht. Das ist der Beifahrereffekt – man hat viel gesehen, sich den Weg aber nicht merken können. In einem Roman läuft die Sache anders, denn nicht nur sind die Ideen vieler Menschen miteinander verknüpft, aufeinander bezogen, gegeneinander gerichtet, nein, es entstehen auch noch Handlungsstränge, gespickt mit Daten, aus eben diesen dann Verwirrungen, die schließlich wieder zu neuen Ideen führen müssen und womöglich zu neuen Mitspielern, Daten und Verknüpfungen. Zu all dem kommen noch die Einfälle des Autors, der sie dann auch noch in seiner Sprache, in seinem Stil zum besten gibt. Und wäre das nicht genug, so tritt auch noch der Leser auf, der dem Ganzen folgen will, sozusagen Seite an Seite mit dem Autor. Streit, so möchte man annehmen, ist da natürlich vorprogrammiert, er ist quasi Teil des Programms, denn nun gibt es nicht den Fahrer und den Beifahrer, sondern zwei, die die Pedale bedienen, die schalten und lenken wollen. Doch führt diese Konstellation keineswegs immer zu einem Stillstand, denn oft genug einigen sich Autor und Leser, wer wann lenkt, bremst und beschleunigt, so daß all dies diesen Beiden, während sie miteinander plaudern und sich Geschichten erzählen, ganz natürlich, folgerichtig und notwendig erscheint. Lesen kann so schön sein.
Das Schreiben von Romanen (14)
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