Dem Roman seine Überarbeitung XXI

Verstehn Sie mich doch! Ich bin der Gefangene meiner eigenen Freiheit, wenn ich meinen Roman überarbeite. Zum Glück lese ich grad mal wieder den Ulysses, also wenn Sie ein schallendes Gelächter hören in den Prenzlauer Bergen, das bin ich, Ein Zeitungsjunge schrie Mr. Bloom ins Gesicht: – Furchtbare Tragödie in Rathmines! Kind von einem Blasebalg gebissen! Wieso Gefangener, fragen Sie! Naja, nunja, ich schreibe seit Ende 2008 an dem Roman, vieles, ach was, alles! ist miteinander verknüpft und verwoben, es gibt einen Zeitstrahl, und wenn ich nun aus einer Laune heraus etwas ändere, dann geht vielleicht die Welt unter, sozusagen. Diffizile Sache, das! Rauchen, Saufen und dummes Zeug quatschen, tagsüber wohlgemerkt, das machen intelligente und gebildete Menschen ja heutzutage während der Arbeit, das fällt mir beim Lesen auf, fast gar nicht mehr, so daß eine Fernsehserie wie Mad Men, angesiedelt im New York der Sechziger, oder ein Roman wie Ulysses so herrlich erfrischend ist, ich hab übrigens eben eine Zigarre aus Panama geraucht, eine Cruzero, weil es eben heutzutage bei all den Weltenrettern gar nicht mehr ginge, denke ich mal, sich so gehen zu lassen, tagsüber wohlgemerkt. Nachts geht das ja immer noch, jedenfalls in Berlin, dem das Preußische ja ohnehin abhanden gekommen ist, das findet sich jetzt in München, denn verloren geht ja nix. Und was mir für Gedanken kommen, wenn ich denn schon mal eine Zigarre rauche, angeblich soll man ja am besten denken können wenn man duscht, doch ich denke da immer nur an die extrahohen Berliner Wasserpreise zugunsten irgendwelcher Verbrecher, jedenfalls fiel mir ein, daß ein Leben, das man glücklich mit jemandem teilt, sich vollständiger anfühlen kann als ein Leben, das man nicht teilt, so ein Gedanke wäre mir doch unter der Dusche nie gekommen, denke ich, doch zum Glück bin ich nicht berufen, die Literatur durch Quatschen zu retten, wie es nun wohl geplant ist, so als kratzte das nur einen einzigen Leser, und da fällt mir doch diese Lesung ein, es muß 1987 oder ’88 gewesen sein, in Freiburg im Breisgau, im historischen Kaufhaus, wo Martin Walser las, der Text war grauenvoll schlecht, aber sehr gut gelesen, es roch bald so ähnlich wie auf den frühen Elvis-Konzerten, denn all die älteren Frauen im Publikum waren schon echt begeistert, ganz eindeutig, als er eine extrafeuchte Kopulationsszene zum besten gab, Männlein und Weiblein im Walde, das gefiel, es war erstaunlich, keine Frage, wenngleich wir jungen Besucher in der letzten Reihe uns bald schon wieder verdrückten, denn wenn auch Freiburg erzkatholisch ist, so etwas hatten wir nicht erwartet. Nun aber zurück zu meinem Roman, hilft ja alles nix und die Zigarren sind auch alle.

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