Natürlich kann ich jeden Tag etwas Witziges schreiben oder etwas Wahnwitziges oder etwas Bedeutendes oder etwas Allzubedeutendes oder etwas Überflüssiges oder etwas Überausüberflüssiges, doch wer entschädigte mich für die Mühe, die ich der Welt wegen auf mich nähme, täte ich täglich eben diesen Frondienst leisten in eben der beschriebenen Art und Weise, das frage ich allen Ernstes, ich lese übrigens im Moment endlich, obwohl das Buch zweihundert Jahre vor meiner Geburt der Welt geschenkt wurde, Laurence Sternes Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman (engl. The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentleman / neu übersetzt von Michael Walter), ein mit hoher Wahrscheinlichkeit herausragendes Werk, und wer etwa Jeans Pauls Blumen-, Frucht- und Dornenstücke oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. St. Siebenkäs im Reichsmarktflecken Kuhschnappel mit Begeisterung las, wird sich auch des Witzes des durchaus sogar leichter zu lesenden Tristram Shandy nicht entziehen können, wobei ich schon wieder die Mißachtung weiter Teile der Leserschaft, also der Leser und Leserinnen, gewittrig aufziehen spüre, die sich einfach ohne hinreichenden Grund weigern, den ganzen Schatz der Literatur zu heben, der ihnen zu heben überlassen ist, ich höre schon wieder diese ganzen Ausreden, Weltretten, Geldverdienen, Kinderkriegen, Gartenarbeit und so weiter, kein Wunder, daß die Welt am Ende ist und dem Abgrund entgegeneiert, denn eben das Retten der Welt und das Verdienen von zu viel Geld und das Überbeackern des eigenen Gartens (das Kinderkriegen lasse ich hier mal weg, denn wer den Witz zu weit treibt, endet, siehe unten, wie der arme Yorick) führt dazu, daß am Ende der Mensch an sich selbst zugrunde geht, sich selbst in die Luftröhre gerät, sich selbst in den Rücken fällt, was eben alles zu verhindern wäre, läse der Mensch mehr Bücher statt daß er zu viel Kinder zeugte (oje, jetzt hab ich es doch geschrieben, ich Unverstand in Person), zu viel Geld verdiente und zu viel dem Gartenreich frönte – alles in Maßen, sage ich, so schwer kann das doch nicht sein, aber wissen Sie was, ich geb’s auf, soll die Welt doch untergehen und all die Moralprediger mit sich in den Abgrund reißen, die Doofen werden eh nicht weniger und die Machtgeilen und Geldgierigen auch nicht, da lob ich mir doch ein gutes Buch und vertraue darauf, daß alles schon nicht so schlimm sein wird, denn sonst hätte die Welt ja überhaupt keinen Sinn mehr, so wie dieser Text, den ich hiermit dem armen Yorick widme, der es mit seinem Witz so weit trieb, daß seine Feinde sich zusammentaten und ihm das Herz brachen, wenn auch wenigstens auf seinem Grabstein Ach, armer YORICK! steht, wenn man denn diesem Laurence Sterne das glauben darf und soll. Soll man? Aber ja! (Wo kämen wir sonst hin!)
Ach, armer YORICK!
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