Ja nu‘, ich hab mit der Recherche für den neuen Roman begonnen. Das wird alles, das weiß ich schon vorher, sehr umfangreich werden, denn einfach mal meine eigene Psyche zwecks Romanschreibens auszuschlachten, geht mir sowohl zu weit als auch nicht weit genug. Außerdem macht mir das Hineinarbeiten in vergangene Epochen und in mir nicht ausreichend bekannte Berufsfelder und Fachgebiete Spaß, und darum geht es ja ohne jeden Zweifel bei der Arbeit, um Spaß. Nicht im Sinne des Treibens fröhlichen Unsinns natürlich, sondern im Sinne des Sinnes, den das macht. Besonders ergiebig ist mir solch ein Tun immer dann, wenn es zeitgemäß ist und die Gegenwart betrifft, und das tut es, wählt man als Sujet für den Roman Zeitloses – davon gibt es übergenug, ja es scheint mir sogar so, als gäbe es kaum eine Thematik, die im Strudel der Zeit auf immer versunken ist. Alles noch da: Liebe und Leid, Krieg und Verrat und Betrug, Wahnsinn, Gier, Geiz, Gewalt, Mut und Schwermut, die Lust am Schöpferischen und am Spiel, und was einem sonst noch alles so einfallen mag. Die Schwierigkeit ist dabei nur, eine Geschichte zu komponieren, die in sich funktioniert, die sie selbst ist. Und wie gesagt, ich mach mich ran, der Wahnsinn geht weiter, und das ist auch gut so, denn allem anderen, so wurde mir kürzlich mitgeteilt, wohnt die Ödnis inne.
Spaß & Ödnis
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Wahnsinn und Disziplin – wenn Sie das unter Ihren Hut kriegen, seh‘ ich den Tausendseiter schon vor mir. Aber schauen Sie in der Bibliothek bitte gelegentlich von Ihren Büchern auf und fangen Sie sich einen Blick ein, der noch nicht zwischen zwei Buchdeckel gefasst ist! ; )
Die Zeiten, in denen man sich als Mann in die Staatsbibliothek flüchten konnte, um den viel zu vielen attraktiven Frauen in Berlin und dem Hinundhergeblicke zu entgehen, sind ja vorbei. War es nicht Rilke, der sich oft in die Bücher rettete, um zeitweilig dem Dschungel da draußen nicht mehr ausgesetzt zu sein? Ich aber werde durchaus Blicke einfangen und aussenden, klar, ich bin ja kein Unmensch und weiß, wie sehr Frauen in den Bibliotheken leiden, wenn da nur aschgraue Wissenschaftsmännchen rumsitzen. Die notwendige Bibliotheks-Disziplin allerdings muß ich mir aber erst wieder zulegen, schwierig, weil ich ja irrsinnig aufgeregt bin ob des neuen Wagnisses.
(Der neue Lesesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden ist übrigens sehr gelungen, überhaupt kein Vergleich zu der architektonischen Vollkatastrophe da am Potsdamer Platz!)
Wollte ich Ihnen doch gerade Glück wünschen zum neuen Vorhaben, da stolpere ich über die „architektonische Vollkatastrophe da am Potsdamer Platz“. Ich will garnicht davon reden, dass die „architektonische Vollkatastrophe“ architekturbegeisterte Menschen aus der ganzen Welt anzieht. Auch nicht davon, dass Sie den Scharoun-Bau nicht mögen. Aber verraten Sie mir mal, wie man ca. 800 Leser in einem Lesesaal plaziert ohne ihnen die Monstrosität einer Bahnhofswartehalle zuzumuten. Ich kenne keine geglücktere Verbindung von Funktionalität, Raumvolumen und Atmosphäre. Dennoch: Glück auf! Dem Rat unserer verehrte Phyllis schließe ich mich vorbehaltslos an. Wenn nur die nicht zwischen Buchdeckel gepressten Frauen nicht mitunter so widerborstig wären.
Danke, Glück kann ich brauchen!
Das mit der “architektonischen Vollkatastrophe da am Potsdamer Platz” war natürlich gar nicht so gemeint, sollen die Architekturbegeisterten ruhig kommen. Doch man hätte eben keine Bibliothek, sondern ein Hallenbad da reinbauen sollen. (Gilt auch für die Neue Nationalgalerie schräg gegenüber.) Ich kann da jedenfalls nicht arbeiten, ich hab’s probiert und bin dann letztlich unter den Linden in der Stabi gelandet. Dies allerdings auch deswegen, weil man Bücher aus dem 17. und 18. und 19. Jahrhundert nur da, unter „Aufsicht“, lesen kann. Nun werde ich jedenfalls den neuen Lesesaal im Haus Unter den Linden mal ausgiebig testen, der erste Eindruck war sehr gut. (Außerdem steht da mein Buch im Regal, das kann ich dann besuchen.) Gut auch, daß die ganzen Spaßstudenten gegenüber im Grimm-Zentrum herumtoben und so die Erwachsenen nicht stören. Bleibt noch das Problem mit den Frauen, so oder so. Buchdeckel können jedenfalls nicht schaden.
Im neuen Lesesaal Unter den Linden sitzen und die Gedanken gen Lichtkubus schweifen lassen, dabei wahrnehmen, wie sich das Licht langsam verändert – das hat in der Tat etwas. Und diese privilegierte Anmutung – das saumäßig viele Geld, was da verbaut wurde, einatmen zu dürfen – desgleichen. Ein letztes Glühen wissenschaftlichen Arbeitens nach alter Art und Sitte.
Privilegien sind ja was Schönes, man muß sie sich nur leisten können. Aber schließlich hat sich Berlin ja auch mal was Besonderes verdient nach all dem Schrott, den die Stadt die letzten Jahre verdauen mußte – ich denke da nur an das Gebäude der Akademie der Künste am Pariser Platz: grauenvoll!
Geld einatmen? Wenn man es dann nur in die eigene Tasche wieder ausatmen könnte!
Warum so materialistisch? 😉
Ich bin nie materialistisch, die Welt ist ja schon ruiniert genug. Oder bringen Sie etwa Geld in den Ruch des Materialismus? Aber ich werde das mal testen, sobald ich welches hab! 😉
Ganz frisch, passend zu Ihrem Vorhaben: „Meine letzten beiden Bücher sind zum größten Teil in der Berliner Staatsbibliothek am Potsdamer Platz entstanden. So ist mir diese Bibliothek zu einem fast mystischen Ort geworden, jenem nämlich, wo schon zweimal etwas Großes, Schweres gelungen ist.“ Eva Menasse im Magazin der Stabi. Wenn das nicht hilft! Und das mit dem Geld, das kommt dann schon noch.
Kann ich nachvollziehen – mir selbst kommt die Staatsbibliothek Unter den Linden (während des Baus des nun fertiggestellten zentralen Lesesaals) in der Erinnerung auch vor wie ein verwunschener, nun aber verschwundener Ort. Der neue Lesesaal muß sich dazu (zu einem verwunschenen nämlich, nicht verschwundenen Ort) für mich erst noch entwickeln. Aber das wird schon, im Laufe des Arbeitens.
(Das mit dem Geld kommt dann schon noch? Hoffen wir es mal!)