Mal zwischendurch was anderes, und zwar aus dem Bereich des Elitarismus und der Irrelevanz

Der Schriftsteller Felix Philipp Ingold hat in der Neuen Zürcher Zeitung etwas zum Besten gegeben, über das ich auch lange schon nachgedacht, es mangels Fleißes aber nicht verschriftlicht habe. Warum auch, dachte ich immer wieder, interessiert ja doch keine Sau. Ingold erklärt jedenfalls, dass die kanonisierte (Welt-)Literatur ausgedient habe und die einzelnen Werke gegengelesen werden müss(t)en, um ihren literarischen Rang, wenn denn vorhanden, ganz individuell und aktuell erkennen zu können. Ja. Okay. Dann schreibt er noch, ich zitiere (direkt, um mir die schweißtreibende Arbeit der Umsetzung in den Konjunktiv zu ersparen): „Wo jeder als Künstler und alles als Kunst taugt, werden individuelle Autorschaft wie auch künstlerisches Vermögen unerheblich. Anstelle von nachhaltiger Kunst ist zeitgemässes Design gefragt: Schablone und Manier statt Eigensinn. Künstlertum (wenn nicht gar Genie) wird auch Nichtkünstlern umstandslos zuerkannt: Starköche, Starfussballer, Starmodels sind gleichermassen von einer künstlerischen Aura umgeben.“ Auch okay. So isses. Daraus leitet er ab, dass heutige Autoren ohnehin nicht in einen Kanon geraten werden und es Nachruhm ganz grundsätzlich nicht mehr geben wird können, so wie dies noch für zu ihrer Zeit wenig beachtete Autoren wie Kafka oder Musil galt. Jau, stimmt wahrscheinlich. Zum Ende seines Beitrags schreibt Ingold dann noch dieses, was direkt auf den literaturschaffenden Menschen gemünzt ist: „Wer noch einem Kunstbegriff nachhängt, der auf Können und Wollen angelegt ist, der zieht den naheliegenden Vorwurf des Elitarismus auf sich, der gemeinhin mit Überheblichkeit und Irrelevanz gleichgesetzt wird. (…) / Kein Autor darf in diesen Zeiten noch hoffen, irgendwann in postumer Zukunft in die kanonisierte Weltliteratur aufgenommen zu werden – der Shootingstar und vielfache Preisträger von gestern ist morgen wieder vergessen. Aber schon bald wird es wohl auch keinen mehr geben, der als «Klassiker» dem Schulbuch und der Ewigkeit angehören möchte.“ Tja, mmh, wer wollte je schon im Schulbuch landen? Aber abgesehen davon muss ich, der ich der ingoldschen Einschätzung in weiten Teilen zustimme, für meinen Teil deutlich niederschreiben, dass ich trotz der beschriebenen Situation weiterhin „nachhaltige Kunst im Sinne eines Kunstbegriffes“ betreibe, der auf „Können und Wollen“ angelegt ist, woraus folgt, dass ich meine Texte weiterhin nach den höchstmöglichen literarischen Kriterien beurteilt wissen will und nicht nach den quantitativen einen neoliberalen Marktes, für den dann doch bitteschön die passenden Autoren die passenden Texte für das passende Publikum liefern sollen. So weit, so bedenklich. Zum Ende noch dieses: Ich schreibe, also widerstehe ich. Es lebe der Elitarismus!


Die Klassiker haben ausgedient. Von Felix Philipp Ingold,

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