Im Vorwort meines Arbeitsjournals Die Hoffnung stirbt immer am schönsten schreibt der Herausgeber Arnold Maxwill einiges zu meiner, so heißt es in der Überschrift, Autorschaft im Randbereich. Wenn ich also, was naturgemäß nicht selten vorkommt, nicht mehr recht weiß, wer ich bin, lese ich ein wenig in dem Text herum, und siehe da: da ist doch wer! Im Moment aber, zwischen den Jahren, der Zeit der Raunächte, ist es nicht nötig zu wissen, wer man ist. Mind the gap könnte man sagen. Die beste Lektüre zu diesem Zeitpunkt des Jahres ist übrigens Die Abenteuer des Müllers Crispin von Juliane Karwath. Auch so eine Autorschaft im Randbereich, wobei ich tatsächlich von Autoren der Mitte die Nase so langsam gestrichen voll habe, denn mittig schreibende Autoren haben gemeinhin den Tellerrand des Bürgerlichen in Sichtweite – und was könnte, so frage ich, langweiliger sein! Imgrunde kann man sagen, alles was der selige Marcel Reich-Ranicki als lesenswert klassifizierte oder klassifizieren könnte, ist mit Sicherheit eher in den Bereich der bräsigen Literatur einzuordnen. Im Moment jedenfalls ärgere ich mich, selbst wenn Reich-Ranicki mir in meiner Einschätzung wohl beigesprungen wäre, außerordentlich über den Roman Solenoid von Mircea Cărtărescu, den ich, nachdem der Text immer schlechter wurde, auf Seite 255 abgebrochen habe. Cărtărescu übertreibt es wie so oft völlig mit allzu gefälligen, beliebigen und kitschigen Geschichten, die bei ihm gerne mal aus dem Nichts kommen dürfen, während er die Gestaltung lebendiger Charaktere völlig außer Acht lässt, abgesehen vom Ich-Erzähler, der allerdings auch eher fadenscheinig bleibt. Wie gesagt, ein Buch der Mitte und für die Mitte, auf dass der Leser nicht mehr aus dem Staunen herauskommt. Am ehesten könnte man diesen Roman als eine undramatische Arabeske bezeichnen, die sich sicher gut als Zur-Nacht-Lektüre eignet. Ergo, dies alles bedenkend, kommt das Buch heute in den Durchgang zur Straße hin, auf dass es nehmen möge wer will, denn es ist immerhin ein wirklich schön gemachtes Buch, an dem alles super ist, nur eben der Text nicht. Was übrigens mein eigenes Schreiben angeht, so bin ich in wirklich jeder Hinsicht im Randbereich angekommen, thematisch wie persönlich, ein Umstand, den ich konsequent zu nutzen habe, um einen wirklich guten Text herzustellen. So, und nun ist für heute Schluss mit dem Steinewerfen.
Komplexes schreiben III
Dieser Beitrag wurde unter NACHRICHTEN aus den PRENZLAUER BERGEN! abgelegt und mit Arnold Maxwill, Die Abenteuer des Müllers Crispin, Mircea Cărtărescu, Solenoid verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.