Nicht nur die Frage, was sich schreiben lässt, treibt mich um, sondern auch, wie es sich schreiben lässt – oder ließe. Aktuelles der Kollegen und Kolleginnen ist mir zurzeit wenig zugänglich, das mag an mir liegen, an der Qualität der Schriften, an meiner immer auch von Zufällen bestimmten Auswahl, was auch immer. Ausnahmen gibt es. Allerdings besteht meine Lektüre seit einiger Zeit schon ganz wesentlich aus der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur, Jahnn, Koeppen, Nossack, Weiss, Reimann, Bernhard usw., vor allem Weissens Die Ästhetik des Widerstands treibt mich zurzeit um, nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch die Frage betreffend, wie mit der deutschen Sprache umzugehen sei, ästhetisch umzugehen sei. Weiss ist bezüglich dessen das beste Beispiel für eine Spannbreite, die sich selten bei Autoren findet, denn sein Das Gespräch der drei Gehenden von 1963 ist sprachlich und inhaltlich etwa kaum zu vergleichen mit seinen Dramen oder besonders der Ästhetik des Widerstands, obgleich er weder hier noch da etwas erkünstelt oder erzwingt. Dabei ist immer, bei aller Quälerei um den Ausdruck und die Textgestalt, zu berücksichtigen, dass die Sprache dem Schreibenden per se voraus ist, sein muss, es also auch immer um die Frage geht, wohin einen die Sprache führt, mitnimmt, obleich der Autor ja zugleich etwas völlig Neues schreibt. Einem Jon Fosse etwa scheint in seinem Norwegisch eben dies, das forcierte Schreiben, das sich zugleich der vorhandenen Sprache vermählt, wunderbar zu gelingen, vor allem in seinem Roman Septologien. Auch Knut Hamsun war in dieser Disziplin ein Meister. Wie aber gelingt dies? Wie ist die Schönheit der (deutschen) Sprache mit jedwedem Inhalt kompromisslos in Einklang zu bringen? Viele Autoren scheinen sich darum wenig oder nicht zu kümmern, entweder weil sie sprachlich beschränkt sind oder weil sie Herr der Sprache zu sein glauben – beides führt zu unerquicklichen Ergebnissen, bestenfalls zu glanzvollem Mittelmaß. Was also tun, rufe ich mir zu, um überhaupt noch schreiben zu können? Ich werde noch drauf kommen, glauben Sie mir!
Miniaturen X: Das forcierte Schreiben, das sich zugleich der vorhandenen Sprache vermählt
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