Fünfzehn Jahre und ein weiterer wirrer Versuch, die Welt zu entwirren

Nun schreibe ich ja seit schon mehr als 15 Jahren, von September 2009 an, einen Teil meiner Texte per eigenem Blog, eigener Website, in die Welt hinaus. Während zu viele Zeitgenossen es sich zu einfach machen, indem sie in den sogenannten sozialen Medien schreiben und kommunizieren, bediene ich ein nun schon fast altmodisches Instrument. Die Zeiten, in denen die literarischen Blogs tatsächlich Ort waren für allerhand Diskurse, sind dementsprechend vorbei. Dem Zuckerberg auf den Leim gegangen – so könnte man das Phänomen kurz benennen. Bluesky, die noch recht neue Social-Media-Plattform, scheint immerhin eine neue Möglichkeit zu sein, zumindest innerhalb der eigenen Blase zu kommunizieren, ohne dabei einen Kniefall vor rechten und faschistischen Milliardären zu vollziehen, während die andere Seite in ihrer eigenen Blase, x, zunehmend ihr Unwesen treibt und Hass und Gewalt propagiert. Interessant, wie spät es letztlich den Rechten und den Faschisten eingefallen ist, einfach alle Regeln, allen Anstand, alle Bereitschaft zum Diskurs über den Haufen zu rennen, nachdem das ja vor hundert Jahren aus deren Sicht schon einmal gut geklappt hat. Am 20. Januar 2025, übermorgen, sind wir diesbezüglich womöglich dann wieder mal ein bisschen schlauer, wenn nämlich die Inauguration des neuen US-Präsidenten stattgefunden haben wird. Man muss kein Prophet sein, wenn man befürchtet, dass eben dieser Präsident in drei Jahren das Kriegsrecht in den USA ausruft und die nächsten Wahlen einfach mal nicht stattfinden. Unmöglich? Hoffentlich! Und was tue ich angesichts der politischen Lage? Neben dem Versuch und der Notwendigkeit, ausreichend Geld zum Leben und für die Ausübung meiner Kunst zu erwirtschaften, ist es nicht weit her mit Taten, denn einer für mich wählbaren Partei anschließen kann ich mich schon deshalb nicht, weil das jeweils einfach nicht mein Milieu ist, zu bürgerlich, zu bieder, zu hausbacken, zu spießig. Eine littérature engagée, also der Missbrauch meiner eigenen Texte zu politischen Zwecken, kommt auch nicht infrage – man lese die Ästhetik des Widerstands von Peter Weiss, um zu erkennen, wie grandios gut und ästhetisch Literatur sein kann, die Historisches und Politisches zum Thema hat, ohne auch nur ansatzweise Propaganda zu betreiben. Ein Text, der insofern auf das Gemeinwesen wirkt, also politisch ist, als dass er den Horizont des Lesers erweitert, ohne ihn zu gängeln, ohne ihm das eigene Denken abzunehmen. Das Gleiche gilt aber auch für diejenigen Texte von Peter Weiss, die „unpolitisch“ und thematisch völlig anders daherkommen, etwa Das Gespräch der drei Gehenden und Der Schatten des Körpers des Kutschers. Texte wirken immer durch ihre künstlerische Qualität, nie allein durch ihren Inhalt, sodass es kein Wunder ist, wenn heutigentags nahezu alles per Podcast, Feature oder Dokumentarfilm abgehandelt wird. Das Kunstwerk hingegen ist frei von jeder Zweckbestimmung, nicht im negativ verstandenen Sinne von L’art pour l’ar, sondern ausdrücklich im positiv verstandenen Sinne, in der alle Kunst um ihrer selbst Willen entsteht, so also letztlich die Qualität entscheidet, ob sie im Kopf und Gemüt des Rezipienten etwas „anrichtet“. In meinen aktuell entstehenden Texten Treffen / Zwei / Sich und Wundrand oder: Eine Kopfsache geht es, so will mir scheinen, genau darum, das Anrichten, wenngleich das auch unsicher bleiben muss, denn Eindeutigkeit ist meine Sache nicht und auch nicht die meiner Literatur. Entschuldigen Sie bitte letztgenannten Umstand und auch diesen wirren Text, es ging nicht anders.

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