140.832 Wörter

Falls das jemanden interessiert: ich werd noch verrückt! Und zwar durchaus nicht vor lauter Glück, sondern vor Ungeduld. Kennen Sie das – da arbeiten Sie gut vier Jahre lang intensiv an einem Roman, es werden knapp 500 Seiten, und Sie können den Text irgendwann echt nicht mehr sehen, absolut nicht, er hängt Ihnen zum Hals heraus, jedes Wort, es sind 140.832, und ist es auch noch so beiläufig, hat seine Geschichte, an jedem Satz ist so lange gefeilt worden, bis er nicht ein Häkchen zu viel oder zu wenig hat – und dann heißt es warten, ob der Roman die ersten Schritte, die allerersten, draußen im Leben machen kann, ob er überhaupt auf die Beine kommt. Währenddessen kommen natürlich die Zweifel, oh, nicht meine eigenen, sondern die der Freunde und Nicht-Freunde, denen ich schlecht begegnen kann, weil ich in dieser beschissenen Warteposition bin, weil ich am Pranger stehe und mich nicht rühren darf. Da wird durchaus nicht nur mit Wattebäuschen geworfen. Und dabei bin ich ja jetzt, wie manche meinen, durchaus nicht ohne Arbeit, es ist genug zu tun, hier mal 250 Seiten Unterhaltung schreiben in zwei Monaten, dort liegengebliebene Texte überarbeiten, Bewerbungen schreiben für Stipendien und so weiter. Alles schön und gut, aber am liebsten, am allerliebsten würde ich sofort, wirklich jetzt, mit dem nächsten Romanprojekt beginnen – die Idee wächst bereits seit einer Weile, sie wogt hin und her, manche mögliche Figur wird bei mir vorstellig, einige nur ein Hauch, andere scheinen bereits vollausgebildet, zerplatzen dann aber bei der ersten Berührung. Auch Handlungsstränge schwirren schon herum, und das ist nicht ungefährlich, das sage ich Ihnen. Tja, aber auch hier muß ich mich in Geduld üben, ich weiß, ich darf noch nicht mit einem neuen Projekt beginnen, ohne daß ich eindeutig zu sagen vermöchte, warum. Ist so ein Gefühl, nur so ein Gefühl, und so lange ich das habe, fange ich weder etwas Neues an, noch werde ich verrückt.

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