Mensch!

Zu anderen Zeiten verlor man seine Freunde im und an den Krieg, heute verliert man sie hierzulande eher an die Arbeit oder die Armut, eins von beidem. Arbeiten die einen krampfhaft in sich selbst verkeilt viel, viel, viel zu viel, aus lauter Angst, nicht zu funktionieren, nicht dabei sein zu dürfen und am Ende ohne ausreichende Rente zu sterben, finden die anderen keine Zeit, weil sie sich nicht einmal ein Kindermädchen für ihre Kinder leisten können, die Wohnung zu klein, das Einkommen auch, Tag und Nacht damit beschäftigt, den Kindern das ihnen Zustehende zu geben, bis zur Erschöpfung. So weit ist es gekommen, nicht trotz, nein, wegen des irrsinnigen Wohlstandes in diesem Land, und ja, tatsächlich, der Papst Franziskus hat ganz recht mit seinen Einschätzungen, was das sich jetzt global durchsetzende Wesen des Kapitalismus betrifft. Jeder für sich, Gott für uns alle? Eben dies würde er sicher nicht unterschreiben, der Papst, nicht weil er unfehlbar wäre oder nicht irgendwo Dreck am Stecken hätte, sondern weil er klar sieht. Andererseits muß man ebenso klar feststellen, daß diese ganze Entwicklung hin zu einer reinen Globalmarktwirtschaft dem Wesen des Menschen entspricht, in völliger Friedfertigkeit langweilen sich die meisten Menschen, denn es gehört schon ein höheres Menschsein dazu, allein die Möglichkeit der Langeweile als ein Geschenk zu sehen, das sich der Mensch ungewollt selbst macht, denn verordnen kann er sich nichts derartig Unvernünftiges, vermeintlich Unproduktives. Könnte sich der Mensch etwas verordnen, also etwa Vernunft, so hätte der Sozialismus bestens funktioniert, statt immer wieder dazu zu führen, das Böse im Menschen und das Feindselige herauszukitzeln. Wie im reinen Kapitalismus, denn die Abhängigkeiten bleiben, das Herrsein und das Knechtsein ist tief verankert im menschlichen Sein, da muß man weder Hegel noch Freud bemühen oder ethisch-moralische Kategorien herbeizitieren – das ist einfach so. Also keine Veränderung möglich, kein gesellschaftliches Miteinander ohne die vielen Opfer? – Allein die momentan sechs Millionen Hartz-IV-Empfänger, sechs Millionen Menschen!, müßten doch ein ständiges Fanal sein, die Lage verbessern zu wollen! Müßte, ist es aber nicht! Der Mensch ist des Menschen Mensch – so einfach ist das, jedenfalls so lange Krieg ist, der kleine tägliche wie der versteckte und der offen erklärte, und das Fatale ist immer mehr, daß die, die das Kriegswesen zu beenden trachten – den Krieg gegen Menschen, denjenigen gegen Tiere und das, was wir Natur nennen – oft mit den selben Waffen kämpfen wie ihre Gegner, allerdings, anders als die Gegner, keine weiteren Geschütze mehr in der Hinterhand haben, nicht die Dummheit der Konsumenten noch die nicht nur potentielle Gewalt der Militärs. War das jemals anders, fragt man sich! Nein, natürlich nicht, aber das ist ja eben das Problem!

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