Das Schreiben von Romanen (5)

Niemand und nichts komme aus dem Nichts, so oder ähnlich lese ich es jetzt öfter mal, wenn es um die Veröffentlichung von Romanen geht. Zuvor muß in Literaturzeitschriften veröffentlicht werden, das sind die Nachwuchszentren der Literaturszene. Erst wenn ein „veröffentlichte u.a. in …“ im Pressetext stehen kann, darf ein Roman ins Leben hinaus. Die Szene, die per definitionem aus Außenseitern besteht, zeugt und gebiert so immer neue Texte, viele lesen und drucken sich gegenseitig und sonst nichts, das jedenfalls wird gesagt und wurde auch mir schon berichtet, staunend ob meines Bekenntnisses, zwar ebenfalls junge Literatur zu lesen, eher aber die des jungen Jean Paul oder die des jungen Robert Walser als die der jungen heutigen Absolventen. Bin ich etwa aus der Zeit gefallen, in ein Nichts hinein? Letztlich riet man mir, ich solle am Deutschen Literaturinstitut Leipzig studieren, man wolle dort nicht nur der Oberstufe Entsprungene, sondern besonders auch Menschen mit Berufs- und Lebenserfahrung, doch sollte ich nicht etwa wegen des dort Vermittelten nach Leipzig gehen, sondern wegen der Kontakte. Ha!

Natürlich lese ich auch Zeitgenossen, vor einer Weile erst den wunderbaren Erzählband Tasmon von Thorsten Palzhoff, deren drei Erzählungen von einer ungeheuren Dichte und von so hoher Qualität sind, daß mancher Kritiker davor kapitulierte, sein eigenes Scheitern aber dem Autor zuschrieb – was schreibt der Kerl auch so anspruchsvoll! Natürlich kommt Palzhoff nicht aus dem Nichts, aber nicht nur deswegen erhoffe ich mir und erwarte von Palzhoff einen großen Roman. Ob aus dem Nichts oder nicht aus dem Nichts, ist mir völlig wurscht.

Angst, daß die Leser (oder die Kritiker) meinem Roman nicht folgen können, habe ich nicht. Ich schreibe alles eindeutig hin, auch das Uneindeutige, man kann sich auf mich verlassen. Natürlich pulst es auch zwischen den Zeilen, dafür ist dann ja auch das Nichtgesagte da, doch wer es nicht verträgt, aus seinem unmittelbaren Umfeld oder aus seiner Zeit enthoben zu werden, der soll meinen Roman nicht lesen, wenn er denn dann abgeschlossen und veröffentlicht ist. Ich warne Sie also bereits im Vorfeld, gleichsam aus dem Nichts heraus. Übrigens schreibe ich den Roman nicht freiwillig, die Idee erwischte mich blitzartig am 25.09.2008, von da an wuchs und gedieh die ganze Geschichte aus, ja aus was? Aus dem Nichts? Ja, eigentlich aus dem Nichts.

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4 Antworten auf Das Schreiben von Romanen (5)

  1. Phyllis sagt:

    Niemand kommt aus dem Nichts ist ebenso Unfug wie diese allgegenwärtige Mahnung, man müsse schnell sein, sonst sei der Zug abgefahren. Goddamnit, welcher Zug denn? Ich wollte sowieso immer lieber in die Geisterbahn. Und die Züge, wenn ich mich nicht irre, sind doch wir.
    Süß übrigens, diese Warnung vor Ihrem zug-künftigen Roman: ich les‘ ihn trotzdem.

    Schönen Samstag noch!
    Herzlich,
    Phyllis

  2. Zum Schnellsein, liebe Phyllis, ist es in der Tat irgendwann zu spät. Ich für meinen Teil setze nach wie vor auf die Qualität meiner Arbeit, und die kommt definitiv aus dem „Nichts“. Ohne mich gäbe es die nämlich nicht, egal zu welchem Zeitpunkt. Wie die dann in der Welt dasteht ist natürlich eine andere Sache, aber jede Geisterbahnfahrt endet dort, wo sie begann, auf dem Rummel, und doch ist der Geisterbahnfahrer ein anderer geworden. Das war mein Wort zum Sonntag!

  3. Weberin sagt:

    Freiwillig schreibt niemand, wage ich zu behaupten, jedenfalls nichts Lesenswertes. Und lesenswert ist nicht allzu viel dessen, was derzeit als junge deutsche Literatur veröffentlicht wird. Nicht lesenswert für mich.
    Letztes Jahr gab es in der Zeit eine Reihe zur Lage der deutschen Literatur. Ich erinnere mich dunkel, dass besonders moniert wurde, es gäbe zu wenig Literatur, die sich mit der Gegenwart und mit aktuellen Problemen beschäftige, daran musste ich denken, als ich jüngst zwei Bücher, die auf der SWR Bestenliste gelandet waren las, „Der Hals der Giraffe“ und „Die Alarmbereiten“ Da wurde eingelöst, was damals gefordert war, außerdem waren beide Bücher auch Bilderbücher, also hübsch illustriert. Jetzt erhole ich mich von diesen Belanglosigkeiten mit Alfred Döblins „Wallenstein“, da sind die Bilder im Text und der aktuelle Bezug auch, nur belanglos ist es nicht.

  4. Mir geht es da wie Ihnen, auch ich erhole mich mit wirklich lesenswerter Literatur von erlittenen Leseerfahrungen. Die sogenannte junge deutsche Literatur kommt meiner Ansicht nach oft etwas schwachbrüstig daher, vielleicht weil kaum ein Autor, kaum eine Autorin die Geduld hat, sich von einem Thema, einem Stoff finden zu lassen – stattdessen wird das bisherige noch recht kurze eigene Leben durchforstet und literarisch auf Linie gebracht. Zum Glück gibt es Ausnahmen, und ich habe die Hoffnung, daß eben diese sich durchsetzen können, trotz des auf Jugendlichkeit und Sensation getrimmten Literaturmarktes. Ich habe zuletzt übrigens W.G. Sebalds „Austerlitz“ mit wachsender Begeisterung gelesen, da sind auch Photos drin, zusätzlich zu denen im Text, und auch Franz Werfels „Stern der Ungeborenen“ hat mich restlos begeistert. Fast könnte man meinen, man bräuchte die neuen Literaten überhaupt nicht, doch ganz so darf es natürlich nicht sein!

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