Überflüssiges Betreiben, lustvolles Verharren

Wenn ich etwas nicht unmittelbar Notwendiges tue, tue ich es mit der Überzeugung, etwas absolut Notwendiges zu tun. Für das objektiv Notwendige bedarf es nämlich keiner Überzeugung, da reicht der Trieb alles Lebendigen, „im Sein zu verharren“ – Benedictus de Spinoza formulierte dies so in seiner Ethik (posthum 1677 / Teil III, Lehrsatz 6). Alles darüber Hinausgehende steht uns frei, weil der Mensch Dinge mit Lust tun kann. Spinoza sagt, „Lust ist der Übergang des Menschen von geringerer zu größerer Vollkommenheit“, Unlust dagegen sei umgekehrt der Übergang von größerer zu geringerer Vollkommenheit (Teil III, Definitionen der Affekte, 2. und 3.). Daraus spricht nicht etwa die Geringschätzung des abhängig Arbeitenden, Spinoza selbst verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Linsenschleifer, sondern die Überzeugung, der Mensch könne einer Idee leben, die ihn der Potenz nach ganz mit Lebenslust erfüllt, denn auch dies ist dem Trieb, im Sein zu verharren, zuzurechnen, nur eben auf dem Niveau des bewußten, menschlichen Seins. Ein Kampf wider die Kräfte der Natur bleibt es aber so oder so, also einer, der am Ende verlorengeht, denn die Kraft, mit der der Mensch in der Existenz verharrt, ist begrenzt und „wird von dem Vermögen der äußeren Ursachen unendlich übertroffen“ (Teil IV, Lehrsatz 3), so daß wir eben auch „leiden, insofern wir ein Teil der Natur sind“ (Teil IV, Lehrsatz 2). Ein Grund mehr also, der eigenen Idee zu leben, denn wenn es schon gegen unbesiegbare Kräfte geht, gegen die Materie, gegen die Zeit, die Unendlichkeit, dann doch bitte mit Sinn, Verstand und Lust. Würde ich sonst dies hier schreiben? Na also, ein überflüssiger Beweis mehr!

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