Mythos & Nebensatz

Zum Mythos drängt, am Mythos hängt doch alles, ach wir Armen! Kann man dies, frei nach Goethes beliebter Spruchsammlung „Faust“, so sagen? Wie schon gelegentlich erwähnt, lese ich in Tageszeitungen meist den Haupt- und den Sportteil, wobei mich im Letzteren jeder Artikel ärgert, der sich nicht mit Fußball beschäftigt. Die Fußballfachpresse lese ich hingegen nicht und schon garnicht die Vereinspresse meines Vereins. Ich halte mich also raus, halte Abstand, imgrunde auch deshalb, weil ich all dies durch die Brille des Kulturwissenschaftlers und Autors lese, denn sonst machte mir das keinen Spaß, keine Freude, brächte mir nichts, bereicherte nicht mein Leben und wäre also bar jeder Ästhetik.

Der Mythos versteckt sich gerne auch in Neben- oder Einleitungssätzen. Ein kleingeistiger, sich fest ins Bewußtsein fressender Mythos ist der der unverdienten Niederlage. Sie ahnen es, es betrifft jenen Fußballverein aus München, dessen Niederlage im Champions-League-Endspiel anno 2012 die Mehrzahl der deutschen Fußballfans sicher beglückte, die Betroffenen jedoch ins tiefe Tal des Jammers schleuderte. Da hilft nur noch der Gott des Nachtretens, der Mythos, denn während der Gegner schon während des Spiels einfach fußballspielte, arbeiteten jene Spieler des Münchner Vereins mit biederen Mitteln am Ruhm, wohlvorbereitet durch die Print-Medien, die mit fingerdicken Sonderbeilagen den verdienten Sieg vorab gefeiert hatten, nämlich den der besseren von zwei, wie wir jetzt wissen, mäßigen Mannschaften. So ist es ja auch gekommen, doch fortan ist die Sprachregelung etwa der Süddeutschen Zeitung die, die Beschreibung des eigenen Leidens immer einzuleiten mit „Nach der unverdienten Niederlage …“, was soviel heißen soll wie „Auf dem Felde unbesiegt“. Ich freu mich drauf, weiter so.

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