Vor & zurück & immer im Kreis

Die Vorstellung, es habe mal ein Goldenes Zeitalter gegeben, geht in Europa auf Hesiod zurück. Nach dieser Ansicht konnte alles nur immer schlechter werden, selbst wenn das ein oder andere besser wird, die landwirtschaftlichen Methoden zum Beispiel. Die christliche Vorstellung macht daraus eine Art Kreisbewegung bis hin zum Jüngsten Tag, an dem autoritär abgerechnet wird und der eine Mensch ins Paradies kommt, der andere in die Hölle, endgültig und nicht nur für 1000 Jahre. Philosophen, zumindest jene, die gemeinhin zu den Idealisten gerechnet werden, gehen dagegen davon aus, daß früher fast alles schlechter war (außer der Ritterroman, der war natürlich besser als dieses moderne Geschreibsel), sich nun aber Stufe um Stufe alles zum Besseren hinbewegt. Doch nicht nur Idealisten denken so. Auch die Anhänger von Ideologien und vieler Religionen sind vom Besserwerden überzeugt, so wie die sogenannten Kommunisten und die sogenannten Kapitalisten – alle wollen immer nur das Beste, bis zum bitteren Ende.

Das ist natürlich alles sehr vereinfacht gesagt. Im Moment scheint jedenfalls die Welt für nicht wenige Erdenbewohner eher die Hölle zu sein, während ein kleiner Teil sich zu retten versucht, ökonomisch, ökologisch, moralisch und auch ganz in echt. Das ist aber keineswegs, da dies ja immer auf Kosten der Schwächeren geschieht, der Weg hin zum Besseren, sondern immer noch und auf ewig der Krieg aller gegen alle, bellum omnium contra omnes, wie der Lateiner sagt. Dieser sagt auch Fressen und Gefressen werden, und ja, denkt man mal darüber nach, kommt man immer zu dem Schluß, das es genau so ist. Was also tun? Ich zum Beispiel mache um kurz vor 12 Uhr mittags immer die Fenster zu, weil die „schrecklichen Berliner Glocken“ (Holz/Schlaf: Die Familie Selicke. Erster Aufzug.) der gegenüberliegenden protestantischen Kirche hereindröhnen, als wolle man den Ungläubigen eine Vorstellung davon verschaffen, wie die Hölle klingt. Aber was kann man noch tun, außer die Fenster zu schließen? Glossen schreiben, Bücher verfassen, Krötentunnel bauen? Abrüsten, keine Tiere mehr essen, Medikamente kostenlos an die Armen der Welt abgeben? Zum optimistischen Fatalisten mutieren? Ich habe keine Ahnung.

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4 Antworten auf Vor & zurück & immer im Kreis

  1. FrauWunder sagt:

    …baby lass uns liebe machen für ne bessre welt!

  2. Nur wegen einmal mittags Fensterzumachenmüssen? Nee! Außerdem tun wir doch alle schon genug. Wie wär’s mal mit Nichtstun?

  3. FrauWunder sagt:

    wiebitte? ich vögle immer bei geöffnetem fenster…

  4. Was bei derlei Tätigkeit herauskommt, kann man hier im Kiez gut beobachten. Frische Luft regt eben nicht nur den Appetit an …

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