Noch immer beschäftige ich mich mit der Winterreise von Franz Schubert und Wilhelm Müller. Ich habe den Text gelesen, die Lesung von Gert Westphal von CD gehört sowie die Einspielung von Florian Prey (Bariton) und Wolfgang Leibnitz (Klavier). Was soll ich sagen, die Sache nimmt mich mit, in jeder Hinsicht, denn daß hier mit Schubert und Müller zwei Seelenverwandte, ohne sich persönlich gekannt zu haben, zusammenwirken, ist ebenso klar wie die naheliegende Erkenntnis, daß es sich bei dem Thema um etwas Zeitloses handelt, was wohl fast jeder Mensch nachvollziehen kann, nämlich Liebesschmerz, Einsamkeit und Perspektivlosigkeit. Immerhin bewegt sich der von seiner Liebsten Verlassene wandernd fort, seine Gedanken schweifen hin und her, er schwankt zwischen Hoffnungslosigkeit und gelegentlicher leiser Hoffnung auf einen Neuanfang, auf das lebendige Rauschen des Lebens unter der Rinde des zugefrorenen Stromes. Natürlich ist vieles in den Gedichten Müllers auf die politische Situation der metternichschen Restaurationszeit gemünzt, auf das weithin zensierte oder sogar abgetötete Kulturleben, aus dem aber vielleicht doch noch frische Triebe keimen werden, gibt man die Sache nur nicht zu früh verloren – dann rauschen die Linden auch im Winter, so jedenfalls steht es geschrieben.
Winterreise
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