Ehrlich gesagt, habe ich felsenfeste Überzeugungen, seit ewigen Zeiten, von denen ich nicht abrücke. Und die sind durchaus kein Geheimnis. Mein Angebot an die Welt ist aber, über vieles nicht unaufgefordert zu sprechen. Allerdings: ich provoziere durch meine pure Anwesenheit, immer. Dann fangen die anderen an, etwas zu diskutieren, ich werde gefragt, ich antworte, und am Ende sind dann ein paar Leute sauer, daß ich die Stimmung verdorben habe. Deswegen meiden mich viele Menschen, selbst einige Freunde, sie halten es einfach nicht lange mit mir aus. Und manche haben mich nicht gerne dabei bei einer Sache, egal was. Ich bin da niemandem böse, einige stehen dann eben auf der Liste der bei einer Katastrophe zu Rettenden nur weiter hinten, das ist alles.
Letztens, vor ein paar Tagen, stöberte ich in meinen Blog-Artikeln, ich bin mein größter Fan, klar, macht ja sonst keiner, und da las ich über die Idee Robert Musils, den Nachlaß zu Lebzeiten betreffend. Ich zitiere mein Zitat Musils: „Warum Nachlaß? Warum zu Lebzeiten? Es gibt dichterische Hinterlassenschaften, die große Geschenke sind; aber in der Regel haben Nachlässe eine verdächtige Ähnlichkeit mit Ausverkäufen wegen Auflösung des Geschäfts und mit Billigergeben. (…): ich habe jedenfalls beschlossen, die Herausgabe des meinen zu verhindern, ehe es soweit kommt, daß ich das nicht mehr tun kann. Und das verläßlichste Mittel dazu ist, daß man ihn selbst bei Lebzeiten herausgibt; mag das nun jedem einleuchten oder nicht.“
Ergo sehe ich das literarische Bloggen und auch mein Blog als solch einen Nachlaß zu Lebzeiten. Punkt. Es spricht also nichts dagegen, mal etwas von mir zu erzählen, zum Beispiel etwas darüber, wie ich immer provoziere, auch wenn ich es nicht will, und wie ich immer rausgeschmissen werde, also fast immer. Womit fange ich an? Vielleicht mit der „Du-bist-scheiße-Kategorie“. Eine der ersten Erinnerungen dazu ist das Gymnasium, wo ich das 5. und 6. Schuljahr verbrachte, bevor ich rausgeschmissen wurde. Positiv war der Hausarbeitsunterricht, da hatten wir eine Lehrerin, die oft selbstgestrickte Pullover anhatte, recht grobmaschige mit nix drunter. Das war geil. Wirklich! Negativ war aber zum einen das mit den Klassengrößen, sozigerechte 45 Kinder in zu kleinen Räumen mit überforderten Lehrern, so etwas versteht die SPD unter Chancengleichheit, zum anderen aber war da so ein Spruch, ein einziger: auf dem Weg in den Keller zum Kunstunterricht sagte mir eines Tages ein Klassenkamerad, einfach so, „weißt Du eigentlich, daß Du der Schlechteste in der Klasse bist?“ Nee, wußte ich nicht, über so etwas hatte ich mir nie Gedanken gemacht. Dann, neun Jahre später, am Ende der Tischlerlehre, folgendes: einer der jüngeren Gesellen sagt zu mir, einfach so, „Du wirst der Erste sein, der in diesem Betrieb die Gesellenprüfung nicht besteht.“ Hä? Unnötig zu erwähnen, daß man mich knapp zwei Jahre später beim Zivildienst rausschmeißen wollte und mich aus der von mir selbst gegründeten Kunstgruppe per Mehrheitsbeschluß tatsächlich rausschmiß. Außerdem verließ mich damals meine Freundin, weil ich mich weigerte, im Ruhrgebiet zu bleiben – ich wollte weg! Später hat mich dann meine nächste Freundin aus dem gleichen Grund verlassen, nachdem ich zwischenzeitlich zwecks Abitur für ein paar Jahre zurückkehrte. Unnötig zu erwähnen, daß gutaussehende Frauen nie lange alleine bleiben und daß diese beiden dann später ohne mich aus dem Ruhrgebiet weggezogen sind. Mannomannomann! Das waren noch Zeiten!
Seltsam, aber so steht es geschrieben. Natürlich gibt es für die „Du-bist-scheiße-Kategorie“ noch mehr Beispiele, auch aus jüngerer Vergangenheit. Freunde, Fremde, ganz egal – manche müssen sich einfach provozieren lassen! Von mir! Warum weiß ich auch nicht! Zum Glück aber habe ich auch Freunde, mit denen ich seelenverwandt bin, die haben keine Kategorien, oder vielleicht nur die eine, nämlich die „Du-bist-Norbert-Kategorie“. Damit kann ich gut leben. Hach!
„Die Welt braucht (noch viel mehr) Provokation“ – allein, sie wird es nicht danken, da sie sie nicht nutzt – sondern voreilig verdammt!
Danken tu‘ ich Dir jedoch – für die Seelenverwandtschaft. „Du-bist- Norbert“, und das ist gut so.
Eine echte Freundin.
So sieht es aus!
Und: Danke!!!