In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (9./10. November 2013, S.34) sagt der Schriftsteller Henning Mankell viel Richtiges, vor allem über die seltsame Sicht, die wir Europäer auf Afrika haben. Auf die Bemerkung des Interviewers „Es gibt ja Schriftsteller, die sagen, die Geschichte entwickle sich erst beim Schreiben so richtig“ aber sagt er: „Ich glaube, das ist kompletter Blödsinn. Wenn Sie Ihre Freunde treffen und Ihnen etwas erzählen wollen, wissen Sie ja auch schon, wie die Geschichte ausgeht. Und genauso ist es mit einer Erzählung auch.“ Hä? Was ist denn das für einer? Jetzt verstehe ich auch, warum ich bei Mankells Romanen nie über die ersten zwanzig Seiten hinausgekommen bin! Der hat die Geschichten nur abgeschrieben, und zwar aus seinem eigenen Kopf! Kein Wunder, daß die nicht zünden! Ich würde mich zu Tode langweilen, und zwar mit mir selbst, wenn ich vorher schon wüßte, was ich erzählen will; und beim literarischen Schreiben hieße das für mich, meine Protagonisten nicht ernst zu nehmen, sie garnicht erst lebendig werden zu lassen. Andererseits hat Mankell ja allergrößten Erfolg mit seinen Geschichten und ist sehr gut gefahren damit, sie so zu schreiben, wie er es tut. Wahrscheinlich kann er einfach nicht anders, der arme Kerl.
Langweilig
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Hä? Was sind denn das für zwei, der Herr Mankell und der Herr Schlinkert, die jeweils nur eine Herangehensweise zu kennen und deshalb für exklusiv gültig zu erachten scheinen? Ich würde mich zu Tode langweilen, und zwar mit mir selbst, wenn ich mich auf eine Art des Erzählens festlegens wollte, sowohl im Lesen als auch im Schreiben. Wahrscheinlich können sie einfach nicht anders, die armen Kerle. Trotzdem lese ich beide gerne. 😉
Verzeihen Sie, aber ich bin immer da im Affekt auf Krawall gebürstet, wo es keinen Platz für Vielfalt zu geben scheint. Da geht mir die Luft aus und die Galle hoch. Und mit Vielfalt meine ich übrigens nicht Beliebigkeit.
Nichtsdestotrotz (fast so ein schönes Wort wie Überdruss) wünsche ich Ihnen einen schönen Sonntag aus dem heute novemberregengrauen Südbaden.
Imerhin hat her Mank „Ich glaube“ geschrieben
@Iris
Naja, ich denke, jeder Autor hat nur eine einzige Herangehensweise, die er sich nicht aussuchen kann, weil seine Imagination nur so und nicht anders funktioniert. Deswegen ja die Formulierung „der arme Kerl“, was auch auf mich zu münzen ganz passend ist. Mankell wird jedenfalls seine Motivation direkt aus der fertigen Planung ziehen, stelle ich mir vor, weil er sich in ihr eben nicht eingezwängt fühlt, so wie ich mich eingezwängt fühlen würde. Aber die, grob betrachtet, beiden Schreibarten gibt es wohl schon seit eh und je, Thomas Mann jedenfalls schrieb wohl eher geplant, Alfred Döblin eher drauflos; letztlich aber kommt es auf das Ergebnis an, und da dünkt es mir und mich, daß es kein Wunder ist, daß Thomas Mann weniger prickelnd schreibt als Döblin. Ist aber ganz allein meine Ansicht, und solange ich mir aus der Vielfalt das für mich Richtige heraussuchen kann, ist alles gut. Was mein eigenes Schreiben angeht, so habe ich das nächste Projekt grundsätzlich durchaus erst einmal durchgeplant, viel gelesen und mir Notizen gemacht – das ist dann die Bühne, auf der die Figuren teilweise aus eigenem Antrieb agieren, sicher auch mal zu meiner Überraschung. (Die wirkliche Arbeit an dem neuen Romanprojekt werde ich übrigens nur aufnehmen, wenn ich für meinen kürzlich fertiggestellten Roman einen Verlag finde – wenn nicht, gebe ich das Schreiben auf, weil das nämlich auch eine Möglichkeit ist.)
@HerrKurz
Mankell sagte wohl „ich glaube“, weil er es nicht wissen kann. Ich selbst muß natürlich auch zugeben, fremde Schreibweisen nicht wirklich begreifen zu können. Es kommt, wie schon in der Antwort an Iris gesagt, aber natürlich primär auf die Qualität des Ergebnisses an. Alles andere ist letztlich Spekulation, der ich mich aber gerne mal hingebe.
Lesen Sie mal Clarice Lispector „Die Sternstunde“ einfach herrlich
Clarice Lispector? Noch nie gehört, aber ich werde mir mal ansehen, was sie geschrieben hat. Zu entdecken gibt es ja noch genug!
Ich drücke Ihnen die Daumen für den Roman!
Danke! Kann ich brauchen!