Texte ins Nichts I

Übersteigerter Ehrgeiz und anspruchsvolles Arbeiten scheinen sich in dieser unserer, neoliberalen, scheindemokratischen Gesellschaft gut ergänzen zu können, doch dies ist ein Irrtum. Ein jeder möge sich die entsprechenden Belege dafür aus dem eigenen Fach-, Berufs- oder Interessensbereich ins Gedächtnis rufen: beispielsweise die schusseligen Chefs und Chefinnen, die wunderbar von Innen heraus zu glänzen und noch besser zu delegieren und Mitarbeiter anzutreiben wissen, selbst aber aktuell nur Mist produzieren und überfordert sind auf der erreichten Position. Die tun mir wirklich leid, mit denen möchte ich nicht tauschen, weder mit denen, die ihre Begrenztheit erkennen noch mit denen, die sich weiterhin für herausragend halten. Eigentlich müssen diese Leute natürlich weg, in und aus allen Lebensbereichen müssen sie weg, um eben nicht ersetzt zu werden; doch wie wir alle wissen, geht das nur mit Gewalt, die dann wieder nur von Überehrgeizigen ausgeübt werden würde, die nichts mehr wollen als den Thron – ein Teufelskreis, in dem protestantische Arbeitsethik, krankhafter Hedonismus, Gier, Geiz und Geltungssucht ihr Unwesen treiben. Natürlich gibt es gelegentlich und sehr selten Ausnahmen, Menschen, die sich aus eigener Kraft heraus gegen das neoliberale Weltbild und all diesen mythologisch aufgeladenen Scheiß wenden, Sie wissen schon, unsere freie Gesellschaft, die glorreiche Demokratie, in der es, glaubt man zum Beispiel dem zentralen Presseorgan der Republik, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, allen sehr gut geht, weil die Wirtschaft „brummt“, wobei wir wieder bei dieser durch und durch krankhaften protestantischen Arbeitsethik sind, unter deren Knute so viele „Glückliche“ zu funktionieren haben, ansonsten Hartz-4 droht, aber selbst die sind ja, glaubt man dem zentralen Presseorgan der Republik, noch glücklich zu nennen, denn man denke nur an die armen Menschen, die in aller Welt die Drecksarbeit zu machen haben für unsere westlichen Demokratien und unsere unvergleichliche „freie“ Lebensweise, die offensichtlich wesentlich darin besteht, sich selbst bei jeder Gelegenheit zu feiern, was heißt, in der zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der Arbeitskraft gewährten Freizeit auf dem Sahnehäubchen der Welt herumzulaufen und zu saufen und zu fressen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Nur dass es Gott gar nicht gibt, und wenn, dann wäre er, oder sie, oder es, nichts weiter als das gefeierte Opfer des eigenen, übersteigerten Ehrgeizes, mit dem er oder sie oder es die armen Menschenkinder infiziert hat, durch blödsinnige Texte oder seltsame Propheten. Was also tun? Imgrunde ließe sich die Situation für den Planeten Erde nur verbessern durch häufiges Unterlassungstun, was nicht mit Nichtstun zu verwechseln ist, wobei wir beim „Maß aller Dinge“ angekommen wären, und zwar nicht in dem Sinne des Protagoras, Sie wissen schon: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge, der seienden, dass sie sind, der nichtseienden, dass sie nicht sind“, sondern im Sinne des ganzen, aus dem Weltall herausragenden Planeten, der das, nämlich herauszuragen als bestens bestellt, als einziger darf und sollte, es auch könnte und würde, täte der Mensch nur dem nicht zuwiderhandeln. Imgrunde müsste es heißen, der Mensch dient dem Maß aller Dinge, wobei vorausgesetzt wäre, er wüsste wie. Mit übersteigertem Ehrgeiz, protestantischer Arbeitsethik, krankhaftem Hedonismus, mit Gier, Geiz und Geltungssucht aber wird das nix, das kann ich Ihnen versichern.

Dieser Text ist in freier „kleistscher“ Gedankenassoziation entstanden und ohne Unterschrift gültig.

 

 

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