Wie jedes Jahr zur Zeit der Frankfurter Buchmesse halte ich, als einziger in Berlin verbliebener Schriftsteller, hier die Stellung. Alle anderen sind Buchmessemachen. Das liegt, also dass ich in Berlin bleibe, daran, dass ich zur Spezies des verkappten Schriftstellers gehöre. Doch wir Verkappten haben, im kleinen Kreis, natürlich auch unsere Buchmesse. Was denken Sie denn!? Ich bin also keineswegs neidisch auf die, die genhessen haben reisen müssen, und mir reicht ja auch schon immer der Rummel auf der Leipziger Buchmesse, wie im Hirn eines schlechten, albtraumgeplagten Schriftstellers fühle ich mich da, kaum habe ich die heiligen Hallen betreten. Mag sein, mir fehlt die Wettkampfhärte, oder ich nehme die falschen Drogen, kann auch sein. Wenn es da wenigstens Rückzugsräume gäbe, auf so einer Messe, zum Ausruhen, Quatschen, Essen, Trinken oder Poppen, aber nein, Rummel allüberall, dazu in Leipzig die irgendwie immer im Weg stehenden Cosplayers, so phantasievoll das ist, dann diese Fetzen von Lesungen, quietschende Mikrophone, scheppernde Stimmen, miese Ansagen, die in Kleinstkojen gesteckten Kleinstverlage mit fatalistischen Verlegern, authentischen Autoren und all diesen Kleinstverlagsbüchern, die trotzdem gemacht werden, was allerdings das einzig Gute ist auf so einer Messe, diese Trotzdembücher. Alles also eher, so summa summarum, nicht mein Ding. Folgerichtig warnten mich eine Menge nichtverkappter Schriftsteller, wenn ich denn schon in Leipzig an meine Grenzen stieße, so sollte ich doch die Buchmesse in Frankfurt meiden – man hätte da auch eine kleine Aufgabe für mich, wenn ich denn schon zuhause bliebe …
Verkappter Schriftsteller
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