Christian Krachts „IMPERIUM“ – Leseeindrücke

Meinem eigenen Ratschlag folgend habe ich IMPERIUM von Christian Kracht nun von der ersten bis zur letzten Zeile gelesen. Es ist eine Erzählung, durchaus kein Roman, deren Handlung sich in so wenigen Worten erzählen läßt, daß diese Gelegenheit nun bereits wieder der Vergangenheit angehört. Was nun soll ich von dem Buch halten? Ich habe, meiner Gewohnheit gemäß, zuvor keine der Kritiken gelesen, auch nicht die im SPIEGEL, von der aber so einiges zu vernehmen war. Immerhin kann ich Kracht nun vollkommen in Schutz nehmen gegen die Auswürfe des spiegelschen Herrn Diez, die so lächerlich sind, daß man den Mantel des Schweigens darüberlegen müßte, würde er Christian Kracht damit nicht übel verunglimpfen. Letzterer wird sich aber selbst zu wehren wissen, falls er dies noch für nötig erachtet, sind ihm doch schon viele Kritiker, Verleger und Schriftsteller zur Seite gesprungen, eben jenen diezschen Anschlag abzuwehren.

Warum Kracht aus seiner Idee und aus diesem Stoff nicht einen vollgültigen Roman gemacht hat, mit lebendigen, in ihrer Entwicklung nachvollziehbaren poetischen Ichs, das muß wohl sein Geheimnis bleiben. Elfriede Jelinek nennt das Ganze einen Abenteuerroman, und ich denke, darauf kann man sich einigen. Ein paar Jahre mehr Arbeitszeit hätten aus dem Stoff aber sicherlich einen dickleibigen Zeit- und Schlüsselroman machen können, in dem das Abenteuer zwar seine Rolle spielt, die Protagonisten aber dennoch mehr sind als nur Typen beziehungsweise normative Ichs. Mich jedenfalls überkam beim Lesen des öfteren die Langeweile, denn die immer gleiche erzählerische Distanz zu den Protagonisten, gewürzt mit gelegentlichen Einblicken in deren Psyche, kommt kaum über die Aussagekraft einer Zeichnung hinaus, wie überhaupt die Erzählung ein wenig wirkt wie ein altmodisches Comic ohne Biß. (Auch Thomas Pynchon hat sich ja in GEGEN DEN TAG einer ganz ähnlichen Erzählweise befleißigt, allerdings führt er seine Protagonisten nicht nur vor, sondern läßt sie selbst sprechen – die abenteuerliche Handlung wird durch Dialoge und damit durch die Aufdeckung oder wenigstens Andeutung von Absichten und Motiven nicht selten vorangetrieben.) Nun, ich bin jedenfalls ein wenig enttäuscht von dem krachtschen Text, ich habe mir schlicht mehr erwartet als nur einen Abenteuerroman, deren Personal mir in Gänze egal bleiben mußte. Schade.

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