Das Schätzen als Perpetuum mobile

Schlaf wird überschätzt, berufliche Kontakte werden überschätzt, die Wirkung von Büchern oder Filmen oder Ausstellungen sowieso. Gelegentlich mal ausgeschlafen zu sein, ein oder zwei Mal einen Auftrag bekommen zu haben, hier und da mal die Erwähnung eines Buches, eines Films oder einer Ausstellung im Politikteil der Tageszeitung, die als solche natürlich auch überschätzt wird, das alles hält nicht lange vor, und jeder weiß es. Die Überschätzung selbst aber, die brauchen wir, sie ist unser aller Möhre vor unser aller Nase.

Unterschätzt hingegen wird das schleichende Sichnichtereignen, welches nur irgendwann zur Folge hat, daß es dieses oder jenes nicht mehr gibt, das ein oder andere nicht mehr gesagt, gegessen, getrunken oder getan wird. Doch Vorsicht, es gibt sie noch, die alten Sprüche, die alten Speisen und Getränke und die Faustballspieler, selbst wenn niemand mit biederer Sprache, mit dem Genuß von Steckrüben oder Malzbier oder mit der Liebe zu einer Sportart auffallen will, die sich nach den olympischen Spielen im alten Griechenland anhört. Doch auch Außenseitertum ist ja so eine Art Gruppentherapie, denn wer sich durch’s Leben bewegt, braucht Energie, deren Quelle wohl darin besteht, sich gegenseitig zu schätzen, der Überschätzung halber, die all jene verbindet, die der gleichen Möhre hinterherrennen, und sei es die der Überschätzung des Unterschätzten. Hauptsache, es passiert überhaupt etwas.

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