Das Alte noch mal und neu

Ich wiederhole mich, weil die Welt sich wiederholt. Bei diesem Satz könnte ich es belassen und mich anderer Schreibarbeit zuwenden, aber ich will mal nicht so sein. Es gibt natürlich einiges, das seinen Reiz aus der Wiederholung zieht, periodisch wiederkehrende sportliche Wettbewerbe zum Beispiel. Nie ist einer für immer der Beste. Anderes, etwa das Auftauchen einer Diktatur auf der politischen Weltkarte, wünschen sich die meisten Menschen eher nicht, wenngleich in Diktaturen ja auch immer eine erkleckliche Anzahl von Menschen profitiert und es sich gut gehen läßt. Angela Merkel zum Beispiel ging es in der DDR offensichtlich gut, beruflich zumindest und wahrscheinlich auch sonst so, und daß sie sich von einer Kommunistin zur BRD-Bürgerin wandelte, hat sie mit vielen gemein, mit Jürgen Trittin oder Sahra Wagenknecht zum Beispiel, und will also nichts weiter heißen. Die eigentlich sich wiederholende Frage ist so immer die selbe, nämlich wer von einem wie auch immer gestrickten Gesellschaftssystem profitiert und wie viele das sind und was sie dafür tun, daß das so bleibt, zum Schaden der Nichtprofiteure.

Für den Moment fürchte ich, daß es für all die, die sich in ihrem Untertanengeist wohl fühlen, die Nörgler auf hohem Niveau eingerechnet, ausreicht, die beiden Parteien zu wählen, die eben dies, das persönliche Gutgehen, zu garantieren scheinen. Das gründet sich in der guten alten Wagenburgmentalität, die im schlimmsten Falle zu diktatorischen Zuständen und Angriffen gegen alles Fremde und als gefährlich Eingestufte führt, im nicht ganz so schlimmen zur Fortsetzung der schwarz-gelben Regierung. Nicht, daß es davon das Gegenteil gäbe oder auch nur eine grundsätzlich bessere Version, man erinnere sich nur an das Schröder-Fischer-Müntefering-Desaster und deren Politik gegen die Mehrheit der Menschen in diesem Lande, woraus dann nicht zuletzt eben die Situation entstand, die Merkel schlau ausnutzte, indem sie sich selbst, vielleicht für sehr lange Zeit, die Krone aufsetzte. So läuft das sich wiederholende Spiel, in dem die Rollen oftmals durchaus geschickt verteilt sind und in dem jeder Darsteller zum bestimmten Zeitpunkt bestimmte, mit Zahlen und Fakten garnierte Schlagworte raushaut, Wachstum, Arbeitsplätze, Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit und so weiter. Inzwischen sind viele Menschen davon dermaßen eingelullt, daß sie glauben, alle paar Jahre eine als die eigene angesehene Stimme in eine Urne zu entsorgen reiche völlig aus, ein Gemeinwesen für alle lebenswert zu machen. Dabei ist, Kanzler Schröder ist der Dank der Profiteure sicher, eine Entsolidarisierung in dieser unserer Gesellschaft in vollem Gange, was heißt, daß die zuvor genannten Eingelullten eben dies, das eben ist meine Befürchtung, nicht einmal mehr wollen, daß es nämlich allen gut geht. Das nennt man Wohlstandsverrohung.

Dabei gibt es so schöne Arten der Wiederholung, neu und damit gegenwärtig interpretierende nämlich – man sehe sich nur mal an, was auf manchen Bühnen dargeboten wird und was in (den wenigen) erstklassigen Romanen zu finden ist, wobei es ja sogar oft so ist, daß nur einzelne Ideen wieder aufgegriffen und in einen aktuellen Zusammenhang gestellt werden, und je besser die Ausführenden ihr Handwerk beherrschen, je mehr Witz mit hineinfließt, desto grandioser das Ergebnis. – Wie nun den Bogen wieder finden zur Politik und der dortigen Wiederholung des Immergleichfalschen? Puh! Ich glaube, darauf verzichte ich mal besser, sonst schläft mir mein Lesepublikum noch ein.

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4 Antworten auf Das Alte noch mal und neu

  1. Tito sagt:

    Frau Wagenknecht ist also keine Kommunistin?

  2. Früher sicher schon, doch wer bleibt schon für immer der, der er ist. Wagenknechts mir bekannte Beiträge zeigen aber eher den Versuch, einen zutiefst bürgerlichen Diskurs mitzugestalten bzw. einzuleiten, bei dem es um Verteilungsgerechtigkeit geht. Das ist für mich nicht kommunistisch, da „fehlt“ doch sehr der Anspruch auf die alleinseligmachende Herrschaft einer Gruppe oder Klasse bei gleichzeitiger Unterdrückung aller anderen.

  3. Tito sagt:

    „Wenn ich mich als Kommunistin verstehe, dann eben weil ich
    eine andere Gesellschaft möchte“
    Sarah Wagenknecht

    http://youtu.be/uFFLcYOpZBI

  4. Das mit dem Kommunistinsein ist bei Wagenknecht meiner Ansicht nach genau so ein Label, wie es das Christdemokratische in bezug auf Merkel oder das Sozialdemokratische in bezug auf Steinbrück auch ist. Merkel handelt deshalb noch lange nicht christlich und Steinbrück nicht sozial (-demokratisch). Wahrscheinlich aber ist, daß Wagenknecht versucht, den Begriff Kommunismus dadurch positiv zu füllen, indem sie sich im politischen Diskurs als ernsthafte Teilnehmerin etabliert.

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