Wissen Sie, ich giere ja gar nicht so sehr nach Öffentlichkeit, mir geht es viel mehr um Qualität. Das Wort Karriere kommt mir im Zusammenhang mit meiner Arbeit nicht in den Mund und schon gar nicht heraus. Und was heißt schon Karriere und Öffentlichkeit? Wenn ich mir gelegentlich eine Tageszeitung kaufe oder im Internet eine Zeitung besuche, dann sehe ich, was damit gemeint sein könnte, mit Karriere, nämlich nicht viel mehr als das Geschreibsel irgendwelcher Schmierenjournalisten über irgendwelche Rollendarsteller, die in was drinstecken, wie zum Beispiel der neue Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann. Der ist für diese öffentliche Rolle wie geschaffen worden und hat wie sein Vorgänger alle Eigenschaften, die nötig sind für einen Karriereerfolg in den Gewerkschaften, nämlich eine erfreulich proletarische Frisur, die falsche Figur und den falschen Gang für Anzüge (sehr wichtig!) und dazu noch dieses diabolische Grinsen, das andeutet, wie sehr die Proletarier ihre Revolution gewonnen haben, ohne dabei ihre Wolfs-Identität zu verleugnen, was alles zusammen den gemeinen Journalisten natürlich anzieht und ihn zu löblichen Lobesartikeln reizt. Karriere und Öffentlichkeit also. Die meisten Journalisten wollten übrigens, das haben amerikanische Wissenschaftler herausgefunden, Schriftsteller werden und haben es einfach nicht geschafft, das ist wie mit den Schiedsrichtern beim Fußball, und da sind sie, die Journalisten, natürlich froh, so Figuren frei Haus zu bekommen. Apropos Schriftsteller: wenn es gar nicht anders geht, muß man sich als Schriftsteller auch mal in einen Roman, den man nie schreiben könnte, einfach hineinbegeben, qua eigener Doofheit zum Beispiel, etwa indem man in Abu Dhabi die iranische und die irakische Botschaft fotografiert, schwupps ist man in einem Kafka-Roman („Jemand mußte Jörg A. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet“) und wahrscheinlich bald schon gern gesehener Gast in Fernsehtalkshows und zudem mit all seinen Büchlein weiter oben in einem schön hohen Amazon-Verkaufsrang, mal ganz zu schweigen von dem Erfolg, den das nächste Buch haben wird. Karriere und Öffentlichkeit also. Und wenn Jörg A. sich jetzt auch noch von einem Dienstmädchen verführen läßt und es schwängert, dann wird er sicher von seinen armen Eltern nach Amerika geschickt werden, so daß dann einer steilen Karriere nun wirklich nichts mehr im Wege steht. Er muß dann nur noch die richtigen Gebäude fotografieren. Tja, es kommt eben immer auf die Voraussetzungen an.
Karriere und Öffentlichkeit oder: Jörg Albrecht geht in den Roman ein
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