Eure Bräsigkeit ist in der Mehrheit, das hat die Bundestagswahl bestätigt. Schwärze liegt über Deutschland. Glückwunsch. Wenigstens ist der Weg in die allgemeine Katastrophe nun ein wahldemokratischer, und klar, mit einem Matrosenaufstand war ja auch wirklich nicht zu rechnen. Sieht man sich die Wahlanalyse an, so haben allein die Arbeitslosen einigermaßen vernünftig gewählt, alle anderen Berufs-, Alters- und sonstigen Gruppen haben versagt, am meisten die Rentner. Allerdings werden es ja auch die Arbeitslosen sein, die mit am meisten unter der nun weiter folgenden Politik leiden werden – Wachstum über alles, über alles in der Welt! Alles andere kommt unter den Teppich, der nur zu Propagandazwecken gelegentlich mal gelüftet wird: Asylpolitik, NSA-Skandal, Tierschutz usw. Soziale Marktwirtschaft? Ach was, ist von vorgestern. Mutti wird’s schon richten, auf daß wieder und weiter so einiges vom deutschen Boden ausgeht. Gut, daß wir Menschen allein im Weltall sind und das keiner sehen muß. Ich jedenfalls gehe jetzt in die innere Emigration und wende mich von der Politik ab, mache aber trotzdem weiter, klar! – was glaubt ihr denn, ihr Untertanennasen!
Liebe Untertanen und Untertaninnen!
Die „Du-bist-scheiße-Kategorie“ und andere Rausschmeißereien
Ehrlich gesagt, habe ich felsenfeste Überzeugungen, seit ewigen Zeiten, von denen ich nicht abrücke. Und die sind durchaus kein Geheimnis. Mein Angebot an die Welt ist aber, über vieles nicht unaufgefordert zu sprechen. Allerdings: ich provoziere durch meine pure Anwesenheit, immer. Dann fangen die anderen an, etwas zu diskutieren, ich werde gefragt, ich antworte, und am Ende sind dann ein paar Leute sauer, daß ich die Stimmung verdorben habe. Deswegen meiden mich viele Menschen, selbst einige Freunde, sie halten es einfach nicht lange mit mir aus. Und manche haben mich nicht gerne dabei bei einer Sache, egal was. Ich bin da niemandem böse, einige stehen dann eben auf der Liste der bei einer Katastrophe zu Rettenden nur weiter hinten, das ist alles.
Letztens, vor ein paar Tagen, stöberte ich in meinen Blog-Artikeln, ich bin mein größter Fan, klar, macht ja sonst keiner, und da las ich über die Idee Robert Musils, den Nachlaß zu Lebzeiten betreffend. Ich zitiere mein Zitat Musils: „Warum Nachlaß? Warum zu Lebzeiten? Es gibt dichterische Hinterlassenschaften, die große Geschenke sind; aber in der Regel haben Nachlässe eine verdächtige Ähnlichkeit mit Ausverkäufen wegen Auflösung des Geschäfts und mit Billigergeben. (…): ich habe jedenfalls beschlossen, die Herausgabe des meinen zu verhindern, ehe es soweit kommt, daß ich das nicht mehr tun kann. Und das verläßlichste Mittel dazu ist, daß man ihn selbst bei Lebzeiten herausgibt; mag das nun jedem einleuchten oder nicht.“
Ergo sehe ich das literarische Bloggen und auch mein Blog als solch einen Nachlaß zu Lebzeiten. Punkt. Es spricht also nichts dagegen, mal etwas von mir zu erzählen, zum Beispiel etwas darüber, wie ich immer provoziere, auch wenn ich es nicht will, und wie ich immer rausgeschmissen werde, also fast immer. Womit fange ich an? Vielleicht mit der „Du-bist-scheiße-Kategorie“. Eine der ersten Erinnerungen dazu ist das Gymnasium, wo ich das 5. und 6. Schuljahr verbrachte, bevor ich rausgeschmissen wurde. Positiv war der Hausarbeitsunterricht, da hatten wir eine Lehrerin, die oft selbstgestrickte Pullover anhatte, recht grobmaschige mit nix drunter. Das war geil. Wirklich! Negativ war aber zum einen das mit den Klassengrößen, sozigerechte 45 Kinder in zu kleinen Räumen mit überforderten Lehrern, so etwas versteht die SPD unter Chancengleichheit, zum anderen aber war da so ein Spruch, ein einziger: auf dem Weg in den Keller zum Kunstunterricht sagte mir eines Tages ein Klassenkamerad, einfach so, „weißt Du eigentlich, daß Du der Schlechteste in der Klasse bist?“ Nee, wußte ich nicht, über so etwas hatte ich mir nie Gedanken gemacht. Dann, neun Jahre später, am Ende der Tischlerlehre, folgendes: einer der jüngeren Gesellen sagt zu mir, einfach so, „Du wirst der Erste sein, der in diesem Betrieb die Gesellenprüfung nicht besteht.“ Hä? Unnötig zu erwähnen, daß man mich knapp zwei Jahre später beim Zivildienst rausschmeißen wollte und mich aus der von mir selbst gegründeten Kunstgruppe per Mehrheitsbeschluß tatsächlich rausschmiß. Außerdem verließ mich damals meine Freundin, weil ich mich weigerte, im Ruhrgebiet zu bleiben – ich wollte weg! Später hat mich dann meine nächste Freundin aus dem gleichen Grund verlassen, nachdem ich zwischenzeitlich zwecks Abitur für ein paar Jahre zurückkehrte. Unnötig zu erwähnen, daß gutaussehende Frauen nie lange alleine bleiben und daß diese beiden dann später ohne mich aus dem Ruhrgebiet weggezogen sind. Mannomannomann! Das waren noch Zeiten!
Seltsam, aber so steht es geschrieben. Natürlich gibt es für die „Du-bist-scheiße-Kategorie“ noch mehr Beispiele, auch aus jüngerer Vergangenheit. Freunde, Fremde, ganz egal – manche müssen sich einfach provozieren lassen! Von mir! Warum weiß ich auch nicht! Zum Glück aber habe ich auch Freunde, mit denen ich seelenverwandt bin, die haben keine Kategorien, oder vielleicht nur die eine, nämlich die „Du-bist-Norbert-Kategorie“. Damit kann ich gut leben. Hach!
Keine Aufregung!
Liebe Leser und Leserinnen! Ich soll heute schon das Ergebnis der morgigen Bundestagswahl kommentieren? Klar, könnte ich machen, aber danke, mir ist schon schlecht. Zu kommentieren gäbe es natürlich viel, dies hier zum Beispiel: der grandiose Fußballtrainer Jürgen Klopp regt sich beim Spiel Neapel gegen Dortmund über den „vierten Offiziellen“ auf und zeigt ihm dies deutlich, worüber sich jetzt irgendwelche Benimmheinis und Benimmtusen echauffieren – so als wäre es eine Krankheit, sich vollkommen zurecht aufzuregen und sich zugleich so weit zu beherrschen, dem armen Kerl nichts zu tun. Soll denn der Herr Klopp alles in sich hineinfressen und lieber Depressionen kriegen? Also alles im Rahmen, Herr Klopp, keine Sorge, ich kenn das, man fühlt sich hinterher einfach besser, etwa wenn man, nur so als Beispiel, einen Autofahrer, der keinen Respekt vor dem Leben von Radfahren zeigt, so richtig zur Sau gemacht hat, mit allem Zipp und Zapp. Das ist mir allerdings die letzten Jahre eher in Westberlin passiert, aber das dürfte ja nicht verwundern. Also jedenfalls Chapeau, Herr Klopp! Was gibt es noch? Giftgas, das von deutschem Boden ausgeht, perverse sexuelle Phantasien, die den Hackfressen von Grünen jetzt auf die Füße fallen, dazu noch mögliches Ungemach aus dem rechten, Intellektualität mimenden politischen Lager, woraus sich eine große Koalition auf Bundesebene ergeben könnte, die der Mehrzahl der satisfaktionsfähigen Menschen in Deutschland schon im Vorfeld die Zornesfalten auf die Stirn treibt. Aber keine Aufregung, die wollen alle nur spielen! Oder etwa doch nicht! Denkbar wär’s.
Die FAZ zensiert Leserbrief zum Tod von Marcel Reich-Ranicki
Was soll man dazu sagen, FAZ.NET hat meinen Leserbrief zum Tod von Marcel Reich-Ranicki nicht veröffentlicht und gelöscht. Aber halb so wild, liebe FAZ.NETzler, das hatten wir ja schon öfter bei Leserbriefen aus meiner Feder. Während gelegentlich bei bestimmten Themen aggressive und sogar ausländerfeindliche Leserbriefe mir nichts dir nichts durchgewunken werden, sind euch bestimmte Ansichten einfach suspekt. Kann ich verstehen, klar! Sagt doch aber gleich, daß ihr nur Lob und untertänige Verehrung lesen wollt von Leserbriefschreibern, die wie von Sinnen sind vor lauter Trauer um einen Menschen, den sie nicht mal kannten. Ob Marcel Reich-Ranicki das alles wohl gefallen hätte, ihm, dem Literaturkenner? Ich schrieb übrigens das Untenstehende gestern spät am Abend in das Kommentarfeld, und nein, ich bin euch nicht böse, ihr tut ja nur eure Pflicht. Außerdem, das sollte ich wahrscheinlich einsehen, ist das von mir so frech Geäußerte auch einfach zu pietätlos:
„Man sollte bei aller Lobhudelei und bei aller Trauer nicht vergessen, daß Marcel Reich-Ranicki auch nicht wenige (junge) Autoren, die (noch) kein Standing im Betrieb hatten, „tot“kritisiert hat und für manch überthomasmanngroßen Autor, wie etwa Robert Musil, kein Verständnis hatte. Immerhin aber war er als Kritiker auch selbst ein recht guter Autor, das ist selten in diesem Berufsstand und muß hervorgehoben werden, vor allem wenn man den literarischen und auch historischen Wert seiner Autobiographie anerkennend berücksichtigt. Schade natürlich, daß Günter Grass ihn überlebt, das hat Marcel Reich-Ranicki nun wirklich absolut nicht verdient!“
Marcel Reich-Ranicki ist tot – Popkulturrührseligkeitskitsch folgt
Daß da ein großer und auch umstrittener Literaturkritiker gestorben ist, ist keine Frage. Übel wird mir allerdings beim Lesen der manchesmal schon religiös anmutenden Kommentare der FAZ-Leser, die an Popkulturrührseligkeitskitsch nicht zu überbieten sind. Ist da ein Gott gestorben, der nicht hätte sterben dürfen? Sind all die armen Menschen jetzt völlig allein? Ist die Literatur nun völlig am Ende? Ist er jetzt in einer besseren Welt? Sieht er auf uns herab? Ich könnte kotzen, aber lesen Sie selbst >>> Für eventuell auftretende Folgeschäden hafte ich nicht!
Die größte Sekte der Welt
Ich habe mir sicherheitshalber mal beides vorgenommen: viel netter zu sein und viel weniger nett. Je nachdem, wer sich wie, wann, wo und warum anheischig macht, mir auf die Nerven zu gehen. Ich halte das für ziemlich vernünftig, denn bisher war ich einfach immer zu nett, und das ist ein Fehler. Wer von allen gemocht werden will, zieht nur überflüssiges Gesocks an. Also nicht etwa, daß gerade ich von allen je gemocht werden wollte, mitnichten, aber ich wollte eben allen die Chance dazu geben. Vorbei! Arschlecken zwofuffzig, wie man früher so schön sagte in den braungoldenen fünfziger Jahren der westdeutschen Nachkriegsspießerdiktatur, von Ostdeutschland mal ganz zu schweigen. Auch beides vorbei, in gewisser Hinsicht jedenfalls. Heutzutage aber geht die Bedrohung der Freiheit nicht allein vom Staate, sondern von einem vorgeblichen Instrument derselben selbst aus, nämlich dem Internet, in das alle vermeintlich frei eintreten, aus dem sie aber womöglich nie wieder austreten können. Die größte Sekte der Welt. Stellen Sie sich das Internet einfach als Malstrom vor; wie sagte man früher so schön: Sie baden gerade Ihre Hände drin – während Sie nun jetzt gerade ganz und gar drin stecken, bis Oberkante Unterlippe, mindestens.
Viele Menschen sind jedenfalls schon so süchtig, daß sie sich von ihrem Dealer einiges gefallen lassen, von den Erzpuritanern bei Youtube ebenso wie natürlich besonders von den Werbefritzen, die wohl eines der schlimmsten Geschwüre der Menschheit überhaupt darstellen. Eine Welt ohne Werbung wäre eine freie Welt, schiene mir, und ja, es geht um Befreiung von der Internetsucht, auf daß wir wieder die Maschinen beherrschen, und nicht umgekehrt sie uns. Doch wie sähe eine moderne Maschinenstürmerei aus? Ich habe da so meine Ideen, aber eingedenk meiner Entscheidung, weniger nett zu sein, sage ich nix dazu. Wäre sowieso Blödsinn gewesen, bei den Portokosten heutzutage. Also weiter im Takt.
Winter, Broch und Vergil
Der lange, schreckliche Berliner Winter schickt seine Vorboten voraus, und dabei wird es erst Herbst dieser Tage. Zum Glück befinde ich mich seit etwas mehr als zwei Jahren ohnehin in überwiegend schwermütiger Stimmung, da läßt sich auch mieses Wetter gut ertragen, nicht zuletzt auch durch einfaches Gehen, Spazierengehen. Auch sind die Prenzlauer Berge nun bald befreit vom allzu massenhaften Angestelltengeschmeiß aus aller Herren Länder, die hier sommertags die Wege verstopfen und abends fressend und saufend und grunzend in den Straßen hocken. Hocken sie eben wieder als Lohnsklaven in ihren Büros und vermehren dort das Unheil der Welt – Hauptsache, sie sind mir aus den Augen! Man stelle sich vor, es gäbe ganzjährig diese Massenaufläufe! Doch das richtige Maß wird sich ohnehin nie für lange einstellen, nur für kurze Zeit wird es uns immer wieder mal die Ehre geben, das ist alles, was wir hoffen können. Zum Glück rege ich mich nicht wirklich auf, zum Glück kann ich es oft lange in meinem Bergfried aushalten, zum Glück habe ich die Literatur, die mich immer wieder und seit je her, ja! – rettet. Im Augenblick lese ich übrigens von Hermann Broch Der Tod des Vergil, was unbedingt laut zu lesen ist seiner unglaublichen Musikalität wegen, seiner unglaublich schönen, langen Sätze wegen, kurz: seiner ganz und gar betörenden Sprache wegen. Jedem sehr geübten Leser zu empfehlen, wenn auch ausschließlich diesen. Nicht alles dient der Masse.
Kreuzweise
Es ist nicht egal, wie es weitergeht! Natürlich falle ich nicht auf das Gesülze derjenigen Zeitgenossen herein, die behaupten, sie täten alles für die nachfolgenden Generationen, da lachen ja die Bio-Hühner, dennoch aber mache ich mir Gedanken, wie eigenständig denkende und eigenständig handelnwollende Individuen die nächsten Jahrzehnte überstehen sollen – als Menschen wohlgemerkt, nicht als Marionetten der Industrie. Als Erstes habe ich für mich entschieden, nicht von Idioten regiert bzw. verwaltet werden zu wollen, woraus folgt, daß ich eben auch keine Idioten wähle. Gewählt habe ich aber, gegen alle Wahrscheinlichkeit, nun also doch, per Briefwahl natürlich, und zwar DIE PARTEI, mit beiden Kreuzen. Das Schöne an dieser Partei ist, daß die einem nach der Wahl die Stimme zurückgeben, formloser Antrag genügt. Natürlich muß ich an dieser Stelle anmerken, daß ich mich persönlich für witziger halte, als es DIE PARTEI jemals wird sein können, auch lache ich nur in Ausnahmefällen über das, was andere verzapfen, denn wer lacht, ordnet sich unter – alte Weisheit der Psychos. Demzufolge lache ich auch nicht über die Merkel und auch nicht über den Friedrich und auch nicht über den Pofalla, denen kommt man so nicht bei, einmal ganz abgesehen davon, daß mich deren Gebaren eher anekelt und angesichts allerlei Assoziationen schaudern läßt. Die stumme Mehrheit allerdings scheint die Bande mindestens für nicht so schlimm zu halten oder sogar für gut zu befinden, was mich messerscharf schließen läßt, daß eben diese Menschen alle Profiteure sind oder es zu sein glauben – oder eben einfach nichts zu verbergen haben. Woher ich das weiß? Zum einen gibt es dazu Umfragen des Propagandaministeriums, zum anderen haben wir Intellektuelle, Künstler und Sozialschmarotzer so was im Urin – wir spüren das einfach. Was leider auch zu spüren ist, ist das weitestensverbreitete Desinteresse an Fragen, die nicht mit dem eigenen Geldbeutel zusammenzuhängen scheinen, Waffenexporte, Menschenquälerei, Tierquälerei, Datenschutz, Geheimdienste und so weiter – da ist sich der gemeine Mensch selbstredend selbst der Nächste, klar: wo kämen wir denn sonst hin? Das ist die Frage! Ich für meinen Teil plane im Stillen die Auswanderung in ein Land, wo die Merkel nicht von Wahlplakaten herunter ihre Botschaften verbreitet. So weit ist es schon gekommen.
Machtspielchen, Respektlosigkeit, Häme & Neid
In Wahlkampfzeiten sind alle immer so gereizt – und Wahlkampfzeiten sind ja relativ oft. Allerdings ist es ja nicht so, daß plötzlich ein jeder Mensch entdeckt, wie überaus wichtig er und seine Stimme ist – ganz im Gegenteil, sehr viele bemerken jetzt bei der Bundestagswahl, wie sehr sie nur Teil der Masse sind. Meine Stimme, so überlegen manche ganz richtig, ist nur ein Zweiundsechzigmillionstel der Entscheidung, ich bin nur Einzweiundsechzigmillionstel der Wahlberechtigten! Da muß man doch die Krätze kriegen, da muß man doch vor Machtlosigkeit geradezu implodieren! In der Akademie der Künste in Berlin wurde dementsprechend letztens während einer Podiumsdiskussion dazu aufgerufen, doch wenigstens ungültig wählen zu gehen, bitte, bitte, bitte! Rettet, drunter tut’s heutzutage keiner mehr, die Demokratie, die in Wahlzeiten als Demokratismus daherkommt, fußend auf der Ansicht, alle normsetzenden Kräfte gingen von der Masse aus, was, unter uns gesagt, sowohl richtig als auch Quatsch ist. Richtig ist das in gewisser Hinsicht, wenn durch Wahlbeteiligung das demokratische Wesen des Staates als solches genährt wird, indem also einer Regierung die Volksvertretungsmacht und der Opposition die Überwachungsaufgabe auf Zeit verliehen wird; Quatsch ist es, wenn das Volk in seiner Mehrheit Vorgängen zustimmt, die etwa gegen die Menschenrechte verstoßen, denn dann hat eine jede Regierung die Pflicht, gegen Volkes Meinung zu handeln. Das dazu, fiel mir grad nur so ein.
Allerdings bin ich die Machtspielchen, die Respektlosigkeiten, die Häme und den Neid, also das, was so einen Wahlkampf bestimmt, insgesamt leid – ich selbst reagiere ja schon gelegentlich überreizt auf Angriffe, wenn ich mich denn mal nicht beherrschen kann. Beherrsche ich mich aber, wird mir das durchaus übel genommen, weil es als Versuch der Machtübernahme wahrgenommen wird, beherrsche ich mich nicht, sind alle sauer, denn wie kann ich es wagen, andere zu kritisieren, wo ich doch selbst genau so bin wie alle anderen, wie es sich ja grade soeben zeigt. Zwar durchschaue ich diese Zusammenhänge, aber wehe ich versuche diese dann zwecks Herstellung von Harmonie auch noch zu erklären! Warum ich denn immer alles so kompliziert machen muß, heißt es dann, ob ich denn nicht mal ganz normal sein könne. Und dann kommt immer einer und kippt mir seine Häme über den Kopf und haut mir alles Mögliche, die „Wahrheit“ über mich, um die Ohren – wenngleich ich dabei äußerlich nahezu immer ruhig bleibe, ich mache seit 30 Jahren Kunst, da lernt man das und muß das lernen, wenn man nicht zum Serienmörder werden will.
Während alle anderen sich also totarbeiten, scharwenzelt der Künstler durchs Leben und wird dann vielleicht auch noch mit Unsterblichkeit belohnt! Darf das sein? Nein, und dagegen muß auch etwas getan werden, keine Kränze mehr für das Dreckskünstlerpack, weder zu Lebzeiten noch danach. Ist das Volk der Souverän, so muß die Kunst dem Volk dienen, wie dazumal dem Klerus und dem Adel! Hört, hört! Subventionen nur noch für Sinnvolles, für Fleischfabriken, Waffenfabriken und die Unterhaltungsindustrie, außerdem für Apotheker und die Pharmafritzen und überhaupt für alle, die sich um das Wohl des Staates verdient machen! Jawoll, jawoll, jawoll!
„Was ist denn mit dem Schlinkert los?“
„Der faselt, akuter Anfall von Wahlkampffieber.“
„Ist das gefährlich?“
„Ach was, die Demokratie wird’s überleben.“
„Dein Wort in Gottes Ohr – Dein Wort in Gottes Ohr!“
Künstlerpack
Was nicht wenigen Menschen als Erstes einfällt, ist, wie bewundernswert sie es finden, daß ich mich so toll selbst motivieren kann! So ein Blödsinn! Das können auch nur Leute sagen, die etwas können, was ich nicht kann, sich nämlich für eine ausgesetzte Belohnung an fremde Regeln zu halten. Der Mohrrübe-vor-der-Nase-Effekt. Vor meiner Nase hängt nichts dergleichen, nicht mal mein eigenes, pragmatisches Ziel, es nämlich zu schaffen, die Umstände derart zu gestalten, daß ich meine Arbeit machen kann. Es geht also nicht darum, mir durch Arbeit das Leben zu finanzieren, sondern, mir im Leben meine Arbeit möglich zu machen. Denkbar einfach also, offenbar aber zumindest denen schwer zu vermitteln, die den Kopf allzu tief im eigenen Wohlstandsarsch stecken haben. Da ich aber nach Möglichkeit niemanden vergrätzen will, sage ich nichts dergleichen, sondern nur, daß ich einen besonders strengen Chef habe, nämlich mich. Darunter können sich die meisten etwas vorstellen, und schon herrscht tiefer Friede und allgemeines Wohlgefallen.